Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
45(130).2009
Seite: 157
(PDF, 60 MB)
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Talmi-Kultur und Klassen-Gegensätze

wurden. Der Kartoffelpreis zeigt auffällige Schwankungen. Von einer Rekordhöhe von
4 Mark pro Zentner im November 1895 sank er auf 1,88 Mark im November 1900.
Danach begann er wieder zu klettern und erreichte stattliche 4,75 Mark im November
1910. Zuerst ein Schwund um mehr als 100 Prozent und dann ein Anstieg auf 250. Die
Einzelhandelspreise lagen in der Regel über den Marktpreisen. 5,50 bis 6 Mark pro
Zentner waren der Preis im Sommer 1911 nach den Anzeigen der Kartoffelhändler in
den Hohenzollerischen Blättern. Später gab's Kartoffeln wieder im Übermaß. Der Zentnerpreis
fiel auf dem Markt auf 3 Mark im November 191381. Grob gerechnet, musste
ein Fabrikarbeiter für einen Zentner Kartoffeln 1895 mehr als zwei Tage lang schaffen,
1900 nur noch einen und 1910 wieder zwei.

Kontinuierlich aufwärts ging der Trend bei der Milch. Seit Jahren lag der Preis bei 16
Pfennig pro Liter. Als die Hechinger Landwirte 1906 ankündigten, künftig 18 Pfennig
zu verlangen, brach der Milchkrieg aus. So wurde die Preisrunde damals genannt. 200
Männer, hauptsächlich Industriearbeiter, kamen am 4. November zur Protestkundgebung
im Museum zusammen. Jakob Levi, der Statistiker von 1884, machte sich zu ihrem Sprecher
. Ihm selbst mache der höhere Milchpreis zwar nicht viel aus, sagte der Fabrikbesitzer
offenherzig, aber das Ausgabenbudget von Arbeitern werde doch bedeutend belastet.
Die Versammlung wählte eine Kommission, die mit den Landwirten verhandeln sollte.
Zur Aussprache kam es zwei Tage später. Arbeiter könnten den neuen Preis einfach
nicht bezahlen, meinte der Trikotweber Lanz, eins der Kommissionsmitglieder. Die
Landwirte ließen sich erweichen und schlugen als Kompromiss einen Literpreis von 17
Pfennig und für den halben Liter 9 Pfennig vor. Doch die Bürgerversammlung am Sonntag
darauf, das Gros der Versammlung erneut Fabrikarbeiter, lehnte ab. Die Aufregung hielt
wochenlang an, die Preiserhöhung ließ sich anscheinend nicht durchsetzen. Monatsabnehmer
bezahlten schließlich wieder 16 Pfennig, schrieben die Hohenzollerischen Blätter
am Jahresende. Der Verbraucherprotest verhallte trotzdem schnell. Die weiteren
Preisrunden verliefen ohne größere Debatten. Schon 1907 mussten 18 und 1909 bereits
20 Pfennig für jeden Liter Milch bezahlt werden82.

Den knappen Lohn schmälerten auch finanzielle Vorleistungen, die Arbeiter zu erbringen
hatten. In der Textilindustrie mussten die Nadeln für die Strickmaschinen gekauft
werden. Dass die Fabrikanten nicht den Selbstkostenpreis berechneten, sondern
mehr als 50 Prozent aufschlugen, fand ein Arbeiter in einer Gewerkschaftsversammlung
1906 einfach ungehörig. Vergünstigungen bot in manchen Textilbetrieben allerdings der
Mitarbeiterverkauf84.

81 Amtsblatt der Königlich Preußischen Regierung, passim. Zu Einzelhandelspreisen 1911 vgl. Hz.
Bl. Nr.184/17.08.1911 und folgende.

82 Hz. Bl. Nr. 244/26.10.1906, 251/05.11.1906, 253/07.11.1906, 255/09.11.1906, 257/12.11.1906,
277/05.12.1906,168/29.07.1909. Vgl. Walter Sauter: Der Index zu den Hechinger Zeitungen 1829-
1970 (wie Anm. 4) S. 861-863. Chronik 1980 (wie Anm. 9) S. 333.

83 Hz. Bl. 24/30.01.1906.

84 Aufzeichnungen Baruch (wie Anm. 5). Ergänzungsbericht [I] S. 3 und Ergänzungsbericht Lutz.

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