Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
45(130).2009
Seite: 168
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Rolf Vogt

Stauß öffentlich erklärte, Mayer wolle eine katholische Anstalt für katholische Arbeiter
schaffen, eskalierte der Streit in einer Pressefehde, die Stauß bis zur Klage vor Gericht
weiterführte125. Die Vereinsgründung musste bis 1904 warten.

Die Buntweberei Baruch eröffnete 1901 in der Friedrichstraße eine eigene Arbeiterspeiseanstalt
, die erste private Firmenkantine in Hechingen. Sie konnte täglich 240 Arbeiter
verpflegen. Die Eröffnung führte zum Streit, weil den Barmherzigen Schwestern
vom Heiligen Kreuz, den Vinzentinerinnen, die Arbeit in der Baruch-Kantine verboten
wurde, obwohl sie die Arbeit in der öffentlichen Arbeiterspeiseanstalt übernehmen durften
. Kulturkämpferisch hellhörig, argwöhnte der preußische Minister die Gründung
einer neuen Ordensniederlassung und schüttelte bedenklich den Kopf bei dem Gedanken
, dass katholische Nonnen evangelischen Arbeitern die Suppe schöpfen könnten.
Lambert Bumiller, der hohenzollerische Zentrums-Abgeordnete, erntete Heiterkeit, als
er die Sache im Landtag in Berlin bekannt machte: Der evangelische Staat fürchte eine
katholische Zelle in einem jüdischen Betrieb, spottete er126.

Die Einsicht, dass die Verbesserung der sozialen Lage der Fabrikarbeiter ein dringendes
Gebot der Zeit war, scheint in der preußischen Verwaltung durchaus verbreitet
gewesen zu sein. Das Hechinger Oberamt gab sich mit den Arbeiterspeiseanstalten jedenfalls
noch nicht zufrieden. 1903 entstand mit gemeinnützigem Charakter der Bau-
und Wohnungsverein. Der Oberamtsverband bürgte selbstschuldnerisch, Vereinsvorsitzender
wurde Oberamtmann Dr. Karl Schoenfeld, der gerade die Nachfolge von Philipp
Longard angetreten hatte. Oberamtsarzt Konrad Stauß machte mit wie in der
Arbeiterspeiseanstalt einige Jahre vorher. Schon 1904 entstanden die ersten sechs Familienhäuser
für Arbeiter, vier auf dem First und zwei in der Friedrichstraße, und bis
zum Kriegsausbruch 1914 wurden daraus insgesamt 37127.

Die ersten Berufsgruppen des neuen Industriezeitalters, die die Welt der Interessenverbände
entdeckten, waren Unternehmer und leitende Angestellte. Der Kaufmännische
Verein trat 1884 neben den überkommenen Local-Verein für Gewerbe und Landwirth-
schaft. Er vertrat die Fabrikbesitzer. Vorsitzender war lange Jahre Rudolf Levi, Mitinhaber
der Zwirnerei Levi & Cie128. Der Verein hatte halböffentlichen Charakter und

125 Ebd. S. 22-26.

126 Bericht in Berliner Tageblatt lt. Aufzeichnungen Baruch (wie Anm. 5) S. 5. Vgl. Chronik 1980
(wie Anm. 9) s. 324-325. Otto Werner: Chronik der Arbeiterspeiseanstalt und des Marienheims
(wie Anm. 46) S. 28.

127 Zum Bau- und Wohnverein vgl. knapp Chronik 1980 (wie Anm. 9) S. 329. Chronik 1906 (wie
Anm. 9) s. 335. werner Wahl: Die städtebauliche Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert (wie
Anm. 4) S. 143. Dort wird die Gründung jeweils dem Jahr 1904 zugeordnet. Belege zum Bau- und
Wohnverein finden sich verstreut in walter sauter: Der Index zu den Hechinger Zeitungen 1829-
1970 (wie Anm. 4) S. 311-328.

128 Chronik 1906 (wie Anm. 9) s. 309. Vgl. Chronik 1980 (wie Anm. 9) s. 305. Otto Werner: Biographische
Notizen über bekannte und weniger bekannte, berühmte und berüchtigte „Hechinger"
Personen, Männer und Frauen. Hechingen 2004. Rudolf Levi.

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