Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
45(130).2009
Seite: 259
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2009/0263
Das Rathaus in Hechingen — Werk des Architekten Prof. Paul Schmitthenner

„Gebaute Form" ist neben den Begriffen Ordnung, Maß und Fügung das Grundthema
des Bauens in den Schriften Schmitthenners10. Gebaute Form meint nichts anderes
als die Prägung der Form und Konstruktion durch das Stoffliche, durch das
verwendete Material, sofern es in rechter Weise gefügt ist und das Maß gewahrt bleibt.
Dazu kommt das variationsreiche Spiel mit der Ordnung, mit der Symmetrie in ihrer
oft gegensätzlichen Ausprägung: der Reihung, der Spiegelsymmetrie und der Symmetrie
im antiken Sinne, dem dynamischen Gleichgewicht. Gesteigert wird dies durch das Relief
, durch das Spiel mit Licht und Schatten. Das Hechinger Rathaus ist kein Einzelfall.
Man vergleiche nur die Eingangsachse der Hohensteinschule in Stuttgart-Zuffenhausen
mit derjenigen in Hechingen (Abb. 11) und der Charlottenschule in Kilchberg bei Tübingen
(Abb. 13) oder dem Landhaus Josefslust in Sigmaringen (Abb. 38). Die tiefe Leibung
des Portals korrespondiert mit dem fast in der Fläche sitzenden Fenster und den
aus der Wandfläche hervortretenden Elementen, gleich ob es die Stufen sind oder das
über dem Portal hängende Schild mit dem Stadtwappen, die Leuchte oder die Reliefplatte
mit dem Namenszug der Schule, der Fensterladen oder das Gitter. Dekor darf
dort erscheinen, wo der Schmuck angemessen ist, wo er das jeweilige Element steigert
(Abb. 13 und 14): Beim Gewände des Hauptportals, beim Gitter der Hauptfassade,
beim Griff der Tür und beim Wappenschild, bei der profilierten Verdachung oder dem
profilierten Gesims (Abb. 15 und 16). Schmittnenner nennt diese Steigerung „Über-
fluss". Auch im Inneren des Rathauses bereichert das Spiel mit dem Überfluss und gibt
dem Ganzen Sinn (Abb. 15, 31 bis 35). Wichtig bleibt bei allem immer die klare, die
prägnante Form, in die das Dekorative eingebunden ist, das nuancenreiche Spiel mit
Figur und Grund. In diesem Sinne steht das Hechinger Rathaus nicht nur beispielhaft
für die gebaute Form im Sinne Schmitthenners, sondern es ist mit seinem variantenreichen
Spiel der Ordnungen und des Reliefs zugleich auch ein ins Werk gesetzte Lehrbuch
der Architektur.

3. DAS INNERE ODER ÜBERRASCHENDE TRANSPARENZ
UND IDENTITÄT

Sieben Geschossebenen zeigen uns die beiden Schnitte (Abb. 20 und Abb. 21). Zusammen
mit den vier hier abgebildeten Grundrissen (Abb. 19), einem weiteren Schnitt,
der uns Einblick in die Konstruktion gibt (Abb. 22), und den Fotografien wollen wir
uns dem Gefüge, den Räumen und den Funktionen des Inneren nähern. Es wird immer
nur ein Annähern bleiben. Denn vermessen wäre es zu meinen, das Durchwandeln der

10 Paul Schmitthenner: Gebaute Form. Variationen über ein Thema. Aus dem Nachlaß bearbeitet
und herausgegeben von Elisabeth Schmitthenner. Leinfelden-Echterdingen 1984, S. 8. Thema ist die
zweigeschossige, dreiachsige Fassade. Die Variationen ergeben sich aus dem Material, der Konstruktion
und bisweilen aus verändertem Rhythmus und Umriss der Öffnungen. Die Fassade bildet den
Grund, die Grundfläche, für die einzelnen Figuren, die auf ihr angeordnet sind: die Öffnungen, die
Gesimse oder die Lisenen beispielsweise.

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