Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
45(130).2009
Seite: 304
(PDF, 60 MB)
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Franz-Severin Gäßler

5. ARCHITEKTUR FÜR DEN ORT ODER VON DER POESIE
KLASSISCHER SCHÖNHEIT

Es darf als ein Kriterium für Zeitgerechtigkeit angesehen werden, wenn ein Bauwerk auf die Probleme
unserer Zeit eine ehrliche Antwort gibt. Wirfragen in diesem Zusammenhang: Gibt das Rathaus
in Hechingen von Paul Schmitthenner nicht eine solche ehrliche Antwort, - an diesem Plat% in dieser
Stadt? Müller-Menckens Frage ist zugleich das Echo auf jene Kräfte, die das bindungslose
Bauen befürworten. Er stellt das Hechinger Rathaus als pars pro toto dem rücksichtslosen
Bauen gegenüber56. Gerade im Vergleich mit dem fast ein halbes Jahrhundert
nach dem Hechinger Rathaus entstandenen Erweiterungsbau für das Rathaus in Sigmaringen
wird deutlich, welchen Gewinn Hechingen Schmitthenners Rathaus verdankt
und dass dies nicht selbstverständlich ist57. Esfügt sich in den alten Bestand ein, es steigert das
Vorhandene und es achtet die Tradition. So hat es Schmitthenner mit eigenen Worten in prägnanter
Dichte ausgedrückt58. Doch das geschieht nicht ohne Voraussetzung. Der Respekt
vor der Tradition, der achtsame Umgang mit der Welt, setzt Demut voraus. Das
Vorhandene zu steigern, heißt sich zunächst damit auseinander zu setzen, was der Bestand
ist und was er aussagt. Und das Fügen bedarf sowohl des handwerklichen als auch
des methodisches Rüstzeugs — und nicht zuletzt auch der Begabung. Die Freiheit im
Tun bedeutet nicht Willkür, sondern Bindung, die für die Aufgabe und insbesondere
den Ort gemäße Lösung zu finden, den Ansprüchen der Zeit und dem Ort gerecht zu
werden59. Dafür steht das Hechinger Rathaus.

56 Gerhard Müller-Menckens: Paul Schmitthenner - heute. Introduktion und Apologie. In Gerhard
Müller-Menckens (Hrsg.): Schönheit ruht in der Ordnung. Paul Schmitthenner zum 100. Geburtstag
. Ein Gedenkbuch. Bremen-Sebaldsbrück 1984. S. 8-18, S. 12. Müller Menckens zitiert dabei
Le Corbusier mit der Aussage Wir sind stol^ darauf, uns nicht um Geschichte %u kümmern und die Stadt der
Zukunft %u bauen ohne kleinliche Rücksicht auf Bestehendes. Ebda. S. 11.

57 Bereits wenige Wochen nach der Eröffnung der Rathauserweiterung überraschte die Schwäbische
Zeitung in ihrem Lokalteil vom 25. September 2004 (Nr. 223) mit einer Gegenüberstellung zweier in
Proportion, Material und Struktur ähnlicher Fassaden den Leser: die Frontfassade der Sigmaringer
Rathauserweiterung und die äußerst subtil gestaltete Platzfassade des 1998 vollendeten, in anderem
städtebaulichen Kontext stehenden Rathausanbaus in Murcia (Spanien) von Rafael Moneo.

58 Paul Schmitthenner: Das Rathaus in Hechingen im Wandel der Zeiten. In: Das Rathaus zu
Hechingen. Festschrift zur Einweihung am 10. Mai 1958. Hrsg. von der Kreisstadt Hechingen.
S. 3-14, S. 5.

59 Dass die Bindung nicht unbedingt den Erhalt des Uberlieferten bedeutete, sondern Interpretationsspielräume
eröffnete, zeigen insbesondere die städtebaulichen Planungen für den Wiederaufbau
von Lauterburg im Unterelsass (1940-44) und für den Wiederaufbau der stark zerstörten Mainzer
Altstadt. Der Entwurf für Mainz hatte heftige Proteste des Darmstädter Professorenkollegen Karl
Gruber hervorgerufen, der gegen die teilweise Freistellung des Dombezirks war und für den Erhalt
der tradierten Stadtstruktur plädierte. Vgl. hartmut frank: Raumkunst, Typus, Monument. In:
Wolfgang Voigt; Hartmut Frank (Hrsg.): Paul Schmitthenner 1884-1972, S. 100-124, insbes. S.
120 und Abb. S. 118, zu den beiden Planungen allgemein, Wolfgang Voigt: Werkliste. In: ebda. S.
125-193, zu Lauterburg, S. 165, und zu Mainz, S. 169 ff.

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