Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
45(130).2009
Seite: 331
(PDF, 60 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2009/0335
Neues Schrifttum

Fliegerangriffen zu leiden hatte, ist bis heute immer wieder Gegenstand der lokalen Berichterstattung
. Es wird geschätzt, dass im Reich bis zu 350 alliierte Piloten durch Lynchjustiz
, zumeist durch Angehörige von SS, Polizei und Wehrmacht und nur selten durch
die Zivilbevölkerung, ums Leben kamen. Anderson beschreibt exemplarisch drei dieser
Morde. Bei den Tätern handelte es sich meist um fanatisierte Midäufer mit einem schwachen
Charakter, bei denen der Versuch der Erlangung einer gewissen Anerkennung des
Regimes im Vordergrund stand.

Der Wiedergutmachungs- und Entschädigungspolitik ist der Beitrag von Ro/andMüller
gewidmet. Er gibt einen kurzen Abriss der bundesstaatlichen Entschädigungspolitik,
die noch unter alliierter Besatzung begonnen hat, bis zur Einbeziehung der Wirtschaft
über die Stiftungsinitiative des Jahres 1998 zum Zwecke der Entschädigung von Zwangsarbeitern
. Schon in diesen nur wenigen Seiten wird klar, wie komplex die Frage von
Wiedergutmachung und Entschädigung sowie die Erfassung aller betroffenen Opfergruppen
war und ist. Wenn man überhaupt von Wiedergutmachung sprechen will, was
sich dem eigentlichen Wortsinn nach verbietet, so sollte, neben dem Aspekt der finanziellen
Hilfe und Unterstützung, vor allem die Anerkennung des erlittenen Unrechts,
die Rehabilitierung der Opfer, auch wenn sie nicht einer bürokratisch genau definierten
Opfergruppe zuzurechnen sind, mehr im Zentrum der „Wiedergutmachungsdebatte"
stehen, so Ro/and Müller. Denn über das Unrecht, das vielen Menschen, auch ehemaligen
Mitbürgern, angetan wurde, breitete sich lange ein Mantel des Schweigens. Die Privatsphäre
der Täter war wichtiger als die Darstellung der Verbrechen. Aber die zeitliche
Distanz und die abnehmende „biographische Betroffenheit" bewirken nach und nach
ein Umdenken, so Edwin Ernst Weber in seiner Einführung. Dieser schwierige Umgang
mit der Vergangenheit wird vor allem in den Beiträgen von Zimmermann, Schönhagen,
Weber und Ruault thematisiert. Aber weshalb konnte es gerade in Deutschland zu diesem
Zivilisationsbruch kommen? Mit den Mitteln, die Historikern zur Verfügung stehen,
können nur Annäherungen gemacht werden. Auch andere wissenschaftliche Disziplinen
sind hier gefordert, so Michael Kissener. Einfache Antworten verbieten sich daher. Zu
einem in weiter Ferne liegenden Verständnis des nationalsozialistischen Deutschlands
wird man nur durch viele kleine Schritte kommen. Und einer davon ist dieses Buch.

Insgesamt handelt es sich hier um einen sehr empfehlenswerten Sammelband, der
einlädt, sich eingehender mit der eigenen, regionalen Geschichte dieser Zeit zu befassen.
Die reiche Bebilderung veranschaulichen die Texte und die umfangreichen Register bieten
die Möglichkeit tiefer in die jeweiligen Themenbereiche einzusteigen. Dass Unterdrückung
und Gewaltherrschaft vor der eigenen Haustüre begonnen und in alle
Lebensbereiche eingegriffen haben, wird bei der Lektüre dieses Bandes mehr als deutlich
. Es ist zu hoffen, dass regionale Rücksichtnahmen und „biographische Betroffenheiten
" nach und nach vielen ehrlicheren regionalhistorischen Studien Platz machen.
Es gibt noch viel zu entdecken.

Balingen

Michael Walther
331


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2009/0335