Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
47/48(132/133).2011/12
Seite: 199
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2011-12/0207
Die NSDAP in Meßkirch

Bei Kern waren es wirtschaftliche Schwierigkeiten, die ihn gegen Bäckert und die
Meßkircher Parteigenossen aufbrachten. 1928 hatte er die ehemalige Schuhfabrik Löff-
ler u. Wolf in der Igelswieserstraße gekauft, dem heutigen Innovations- und Gründerzentrum
. Kern betrieb hier kurzzeitig eine Wäschefabrik, überschuldete sich aber und
zahlte in der Folgezeit keine Steuern und Zinsen mehr. Er musste deshalb zwangsver-
steigern. Die Stadt Meßkirch sah darin eine gute Gelegenheit, dieses Anwesen günstig
zu erwerben, um es für weitere Firmenansiedlungen zu nutzen. Dafür hatte die Stadt
die Unterstützung der örtlichen NSDAP. Kern prozessierte daraufhin gegen die Stadt
Meßkirch und seine Parteigenossen. Dazu fuhr Kern, der sich durch judenfeindliche
Äußerungen hervorgetan hatte,23 schweres Geschütz auf. Er schickte Beschwerdebriefe
über die beiden Nationalsozialisten Bäckert und Ramsperger an Gauleiter Wagner in
Karlsruhe und im August 1933 gar an Adolf Hitler.24 Als von diesem auch nach einem
zweiten Schreiben keine Antwort kam, sandte er zusätzlich einen Brief an Hitlers
Halbschwester Angela Raubal mit der Bitte, das beiliegende Schreiben dem Herrn Bruder
zu übergeben.25 Doch auch auf diesem Wege erhielt er von seinem Führer keinerlei
Unterstützung.

Kreisleiter Bäckert duldete auch in diesem Fall keine Kritik an seiner Person und bestellte
Kern aufs Meßkircher Rathaus ein. Hier drohte er seinem Parteifreund mit dem
Konzentrationslager Heuberg und in einem Schreiben nach Karlsruhe sprach der
Kreisleiter sogar von Elementen in Meßkirch, die unbedingt ausgerottet werden müss-
ten.26 Der herrische Bäckert gewann auch diesen Machtkampf. Kerns Firma wurde
zwangsgeräumt und er selbst aus der Meßkircher Partei ausgeschlossen.27

Das Meßkircher Gründungsmitglied kam dann schließlich doch noch auf den Heuberg
, zwar nicht als Gefangener, wie Bäckert gedroht hatte, sondern als Beschäftigter
bei der Heeresunteroffiziersschule Heuberg. Nach längerer Durststrecke wurde dem
nach wie vor überzeugten Nationalsozialisten, dank seiner immer noch vorhandenen
anderweitigen Parteikontakte, 1938 in Stetten a.k.M. Arbeit beschafft.28

1.3 Die NSDAP wird in Meßkirch aktiv

Im November 1930 wurde in Meßkirch ein neuer Gemeinderat gewählt. Bei dieser
Wahl war die NSDAP Meßkirch zu schwach besetzt, um mit einer eigenen Liste anzutreten
. Sie rief aber ihre 107 Wähler der letzten Reichstagswahl auf, für den „Großblock
" zu stimmen. Der „Großblock" war ein Bündnis der liberalen Parteien und der
SPD, um im Gemeinderat die Mehrheit gegenüber der Zentrumspartei zu erlangen. Dagegen
hetzte der Redakteur der Meßkircher Zentrumszeitung ,Heuberger Volksblatt'
Albert Zimmermann. Was ihn vor allem so sehr empörte war die Tatsache, dass im

23 Generallandesarchiv Karlsruhe (künftig zit.: GLA) 465 cNr. 838.

24 StadtA Meßkirch, Akten Nr. 883.

25 Kerns Schreiben war nicht an Angela sondern fälschlicherweise an Angelika Raubal adressiert. Hitlers
Halbschwester führte ihrem Bruder auf dem Berghof bei Berchtesgaden bis Februar 1936 den Haushalt,
siehe Heike B. Görtemaker: Eva Braun. Leben mit Hitler. München 2010, S. 114.

26 StadtA Meßkirch, Akten Nr. 883.

27 StadtA Meßkirch, Akten Nr. 884.

28 StadtA Meßkirch, Akten Nr. 93.

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