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Neues Schrifttum
Pflege-Anstalt Grafeneck, Münsingen" wird heute in den Gedenkstätten Brandenburg,
Bernburg (Sachsen-Anhalt), Hadamar (Hessen), Pirna (Sachsen) und Hartheim (Oberösterreich
) dieser Verbrechen gedacht.
Die Handreichung zu Grafeneck ordnet diese NS-Verbrechen zutreffend ein: als arbeitsteiliges
Großverbrechen des NS-Staates mit einer arbeitsteiligen Täterschaft innerhalb
des NS-Staates. Sie erfasst zudem die „Kinder-Euthanasie-Morde" an 5 000
Säuglingen und Kleinkindern in Kinderfachabteilungen (1939/45), die dezentrale Euthanasie
an ca. 30 000 Menschen in psychiatrischen Einrichtungen im Deutschen Reich,
in Polen und der UdSSR und gliedert Materialien und Arbeitsblätter in vier Kapiteln:
Vorstellung der „Aktion T-4" vom Euthanasie-Auftrag Hitlers an Reichsleiter Philipp
Bouhler und Hitlers Begleitarzt Dr. med. Karl Brandt (1939) zur Ermächtigung „namentlich
zu bestimmender Arzte", unheilbaren Kranken den „Gnadentod" zu gewähren
(sie!), die Einbeziehung weiterer staatlicher Stellen (Berlin, Tiergartenstraße 4) und
im Südwesten (Innenministerien Stuttgart und Karlsruhe) und die Zuführung aus etwa
500 Heil- und Pflegeanstalten nach Selektion vor Ort via Deportation in den „grauen
Bussen von Grafeneck" - dreimal in der Woche.
Die Handreichung beinhaltet Quellen und Materialien (Schaubilder, Graphiken), die
die rassenbiologischen Hintergründe (Karl Bindung/Alfred Hoche, 1922) ebenso belegen
wie Dokumente von Opfern und deren Familien, aber auch von Tätern. Eindrucksvoll
sind das Protestschreiben des evangelischen Landesbischofs Dr. Theophil
Wurm an Reichsminister des Inneren Wilhelm Frick (M 18) - Grafeneck war bis 1939
eine Einrichtung der evangelischen Samariterstiftung (Innere Mission) und der Predigtauszug
des Bischofs von Münster, Kardinal Clemens Graf von Galen (03.08.1941,
M 19), der eine Ausweitung des Euthanasiebegriffs auf Invalide, kranke Alte, Kriegsversehrte
befürchtete. Hier vermisst der Rezensent einen Verweis auf den Rottenbur-
ger Bischof Joannes Baptista Sproll (1870-1949), der wegen seiner Kritik am NS-Re-
gime bereits 1938 nach Krumbad (Bayer. Schwaben) verbannt worden war und über
seinen Generalvikar Max Kottmann zusammen mit Erzbischof Conrad Gröber (Freiburg
) am 01.08.1940 gegen die Morde in Grafeneck Protest erhoben hatte. Im Anhang
liefert die Broschüre Literatur- und Medienhinweise (DVD) sowie Links zur Erinnerungskultur
und spezielle Hinweise zu „Grafeneck als Bildungsort". Zur Arbeit mit
Oberstufenschülern sei auf die Akten über den „Grafeneck-Prozeß" (1949) im Staatsarchiv
Sigmaringen (Bestand WÜ29/3 T1) hingewiesen.
Wolfratshausen Willi Eisele
Jakobus Kaffanke OSB, Thomas Krause, Edwin E. Weber (Hgg.): Es lebe das „Geheime
Deutschland"! Claus Schenk Graf von Stauffenberg; Person, Motivation, Rezeption;
Beiträge des Sigmaringer Claus von Stauffenberg-Symposiums vom 11. Juli 2009.
Berlin, Münster: Lit-Verlag 2012 (2. Aufl.), 215 S., zahlr. Abb.
Das 50-jährige Bestehen der 10. Panzerdivision in Sigmaringen war der Anlass dazu,
dass sich 2009 die Graf-Stauffenberg-Kaserne Sigmaringen, das Kloster Beuron und das
Kreisarchiv Sigmaringen zusammentaten, um ein eintägiges Symposium durchzufüh-
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