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Schwäbische Grafen an fürstlichen Höfen der frühen Neuzeit
ständischer Häuser aus der unmittelbaren Nachbarschaft am württembergischen Hof
und in württembergischen Diensten nur noch ganz selten. Der eben erwähnte nachgeborene
Graf Karl von Hohenzollern-Hechingen, der partout Soldat werden wollte,
dem Urteil Friedrichs des Großen zufolge aber allenfalls für den geistlichen Stand taugte
, war offenbar froh, wenigstens beim württembergischen Militär unterzukommen;
schließlich aber starb er doch als Fürstbischof von Ermland und Abt von Oliva. Der
letzte Graf von Fürstenberg in württembergischen Diensten ist um 1500 zu verzeichnen
,20 der letzte Graf von Königsegg21 und der letzte Truchsess von Waldburg in den
1630er Jahren.22 Im 18. Jahrhundert zierten den Stuttgarter respektive Ludwigsburger
Hof neben einem zahlreichen Ritteradel nur noch Grafen und Herren - zumeist Nachgeborene
- aus ferneren Regionen, so ein Fugger aus Schwaben, ein Pappenheim aus
Franken, mehrere Sayn-Wittgenstein und ein Wied aus dem Rheinland, ein Schönburg
aus Thüringen sowie ein Putbus von der Insel Rügen.23
Die Verhaltensmuster des hohen, später reichsständischen Adels gegenüber dem besonders
glanzvollen, zeitweise quasi königlichen Hof der Pfälzer Kurfürsten entsprechen
im Wesentlichen jenen gegenüber dem württembergischen.24 Am Ende des Mittelalters
, als der Glanz des Heidelberger Fürstenlagers seinen Zenit erreichte, gehörten
zum pfalzgräflichen Gefolge zahlreiche Grafen und Herren aus dem pfälzischen Oberrheingebiet25
und seinen Randlandschaften. Vom 16. bis ins 18. Jahrhundert erlebte die
Kurpfalz eine Reihe schwerwiegender Katastrophen und Umbrüche, die auch für die
Struktur des kurfürstlichen Hofs nicht ohne Folgen blieben. Mit der ebenso entschiedenen
wie folgenreichen Hinwendung der Pfalz zum Calvinismus vollzog sich in Heidelberg
nach 1563 ein nahezu vollständiger Elitenwechsel.26 Die traditionelle Klientel
aus der näheren und weiteren Umgebung verschwand allmählich ganz, und an ihre
20 Pfeilsticker, Dienerbuch (wie Anm. 18), Bd. 1 (1957), § 1088. - Karl Heinrich Freiherr Roth von
Schreckenstein: Wolfgang Graf zu Fürstenberg, Landhofmeister des Herzogthums Wirtemberg, als
oberster Feldhauptmann des Schwäbischen Bundes im Schweizerkriege des Jahres 1499. Wien 1866.
21 Pfeilsticker, Dienerbuch (wie Anm. 18), Bd. 2 (1963), § 2164.
22 Pfeilsticker, Dienerbuch (wie Anm. 18), Bd. 2 (1963), § 2385.
23 Einzelnachweise bei Andermann, Schwäbische und fränkische Grafen (wie Anm. 1), S. 8 f.
24 Meinrad Schaab: Geschichte der Kurpfalz. 2 Bde. Stuttgart 1988-1992. - Karl-Heinz Spiess: Das älteste
Lehnsbuch der Pfalzgrafen bei Rhein vom Jahr 1401. Stuttgart 1981 (Veröffentlichungen der Kommission
für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg A30). - Kurt Andermann: Die adlige
Klientel der Pfälzer Kurfürsten im späten Mittelalter. In: Volker Rödel (Hg.): Mittelalter. Schloss Heidelberg
und die Pfalzgrafschaft bei Rhein bis zur Reformationszeit. Begleitpublikation zur Dauerausstellung
der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg. Regensburg 220 02 (Schätze aus unseren
Schlössern [...] Baden-Württemberg 7). S. 117-126. - Birgit Studt: Pfalz. In: Hirschbiegel und Wett-
laufer, Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich (wie Anm. 5), Bd. 1, S. 440-446.
25 Walther Tuckermann: Das altpfälzische Oberrheingebiet von der Vergangenheit zur Gegenwart.
Mannheim 21953 (Abhandlungen der Wirtschaftshochschule Mannheim 1).
26 Volker Press: Calvinismus und Territorialstaat. Regierung und Zentralbehörden der Kurpfalz 1559
bis 1619. Stuttgart 1970 (Kieler Historische Studien 7). - Eike Wolgast: Reformierte Konfession und Politik
im 16. Jahrhundert. Studien zur Geschichte der Kurpfalz im Reformationszeitalter. Heidelberg 1998
(Schriften der Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 10).
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