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Der Freudenstädter Taufstein und das Bietenhausener Tympanon
wird man ferner davon ausgehen dürfen, dass er nicht über weite Entfernungen nach
Freudenstadt gelangte. Bereits früh hat man daher die ehemaligen Benediktinerklöster
Alpirsbach (Lkr. Freudenstadt) und Hirsau (Stadt Calw) in Betracht gezogen, aber
auch die Gegend um Klosterreichenbach mit der Kirche zu Heselbach (Gemeinde Bai-
ersbronn, Lkr. Freudenstadt) als denkbaren Provenienzort diskutiert.6 Dabei fand die
zwar nur bedingt zutreffende, aber durchaus richtungsweisende Einsicht, dass der
Tauf stein nur aus einer Pfarrkirche stammen könne, wo das Sakrament der Taufe bereits
in romanischer Zeit gespendet wurde, erst relativ spät Beachtung.7 Die deshalb von
Manfred Eimer geäußerte Hypothese, der Stein gehöre vermutlich zur Grundausstattung
der ehemaligen Alpirsbacher Leutkirche,8 verlor jedoch an Plausibilität, als man
feststellte, dass der rötliche Sandstein des Beckens deutlich grobkörniger ist als die übrigen
Alpirsbacher Hausteine und Steinmetzarbeiten.9 Dadurch verengte sich der Blick
in letzter Zeit vor allem auf das Kloster Hirsau, zumal dort die Tierreliefs am sog. Eulenturm
einen ähnlich gestalteten Hirsch wie der am Taufbecken zeigen.10 So geriet die
stilistische Verwandtschaft zur Alpirsbacher Bauplastik zunehmend außer Acht, obwohl
sie sich bei genauerer Betrachtung in vielen figürlichen Details deutlich enger zu
erkennen gibt.11 Die daraus abgeleiteten Rückforderungen, wie sie von der Gemeinde
Alpirsbach seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wiederholt gestellt wurden, fanden bei
den zuständigen Behörden freilich kaum Gehör und verliefen im Sande.12 Der vorlie-
6 Vgl. zusammenfassend Budde, Skulptur (wie Anm. 2), S. 35 Kat.-Nr. 42 und die weiteren Literaturangaben
in Anm. 2. - Zur Provenienz aus der Gegend um Klosterreichenbach vgl. Christoph Seeger: „Es
muss nicht immer Schickhardt sein!" Zur Bedeutung Heinrich Schickhardts für den Kirchenbau in Württemberg
zu Beginn des 17. Jahrhunderts. In: Robert Kretzschmar (Hg.): Neue Forschungen zu Heinrich
Schickhardt. Beiträge einer Tagung des Württembergischen Geschichts- und Altertumsvereins und des
Hauptstaatsarchivs Stuttgart am Samstag, dem 15. Januar 2000, im Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Stuttgart
2002 (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg B 151),
S. 111-143, hier S. 140 f. - Rommel/Kopp, Stadtkirche (wie Anm. 1), S. 12.
7 Vgl. Manfred Eimer: Zum schwäbischen Kirchenbau im Mittelalter. In: ZWLG8 (1944/48), S.217-
271, hier S. 237. - Siehe allerdings auch die Belege für Taufsteine in bzw. aus Stifts- und Klosterkirchen in
Schlegel, Mittelalterliche Taufgefäße (wie Anm. 2), S. 132-156.
8 Vgl. Eimer, Kirchenbau (wie Anm. 7), S. 238. - Siehe dazu auch Friedrich Nething: Die evangelische
Kirchengemeinde Alpirsbach und ihre Kirchen in Vergangenheit und Gegenwart. Alpirsbach 1966, S. 32.
- Georg Albrecht: Der alte Turm am Ambrosius-Blarer-Platz [um i960]. Neu abgedruckt in: Alpirsbach
. Ein Heimatbuch. Hg. von der Stadt Alpirsbach. Alpirsbach 22011, S. 169-171, hier S. 169.
9 Vgl. Rommel/Kopp, Stadtkirche (wie Anm. 1), S. 11. - Budde, Skulptur (wie Anm. 2), S. 35 Kat.-Nr. 42.
10 Vgl. Richard Strobel: Die romanische Bauplastik in Hirsau. In: Klaus Schreiner (Bearb.): Hirsau.
St. Peter und Paul 1091-1991. Hg. vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg, Archäologische Denkmalpflege
. Teil 1: Zur Archäologie und Kunstgeschichte. Stuttgart 1991 (Forschungen und Berichte der Archäologie
des Mittelalters in Baden-Württemberg 10/1), S. 209-244, hier S.216 (Abb. 149-151).
11 Man vergleiche den figürlichen Schmuck des Taufsteins vor allem mit den Säulenbasen bzw. -kapitel-
len in der Alpirsbacher Klosterkirche; siehe dazu Bock, Schwäbische Romanik (wie Anm. 2), S. 68 f.
(Abb. 66-70) und Richard Strobel: Die Bauplastik. In: Alpirsbach. Zur Geschichte von Kloster und
Stadt. Hg. vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg, Bd. 1: Gründungsgeschichte, Bau und Ausstattung
des Klosters. Stuttgart 2001 (Forschungen und Berichte der Bau- und Kunstdenkmalpflege in Baden-
Württemberg 10/1), S. 139-160, hier S. 141 (Abb. 107-112), 143 (Abb. 113-118).
12 Vgl. Johannes Wilhelm: Kloster Alpirsbach - ein Denkmal in Gestalt und Nutzung vom 19. Jahrhundert
bis heute. In: Alpirsbach (wie Anm. 11), Bd 2: Spätmittelalter, Reformation und Stadtentwicklung.
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