http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2015-16/0021
Der Freudenstädter Taufstein und das Bietenhausener Tympanon
Maul sich eine Schlange windet, während
ihn eine zweite in den Schwanz beißt
(Abb. 7).
Es liegt auf der Hand, dass hier dasselbe
Motiv bildlich umgesetzt wurde. Wenngleich
die formalen Ubereinstimmungen
begrenzt sind, reichen sie doch aus, um
für beide Stücke eine relativ dichte Entstehungsabfolge
innerhalb nur weniger Jahrzehnte
anzunehmen.32 Besondere Beachtung
verdient dabei die Tatsache, dass die
ikonographische Verknüpfung eines
Hundes mit einer Schlange in der mittelalterlichen
Bildersprache nur höchst selten
wiederkehrt, so dass allein der Fundort
des Kämpferfragments als starkes Indiz
für die Alpirsbacher Provenienz des Freudenstädter
Taufsteins gewertet werden
darf. Als naheliegende Parallele ließ sich
bislang lediglich ein Taufstein in der Kirche
zu Fole auf Gotland (Schweden) ermitteln
: Auf dessen Schaft ist unter ande-
8 Fole (Gotland, Schweden), Kirche, Relief am
Taufsteinschaft (Wikimedia Commons, lizenziert
unter GNU-Lizenz für freie Dokumentation,
URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:
Gotland-Fole_kyrka_Taufstein_06.jpg?uselang=de,
zuletzt aufgerufen am 9.11.2015; Aufnahme: Wolfgang
Sauber, 2007).
rem ein Hirsch dargestellt, der im Begriff
ist, eine Schlange zu verschlucken, daran aber durch einen Hund gehindert wird, der
ihm in die Kehle beißt (Abb. 8).33
Es steht außer Zweifel, dass die Bildreliefs beider Taufsteine auf dieselbe Uberlieferung
zurückgreifen, auch wenn sich ihre Aussagen inhaltlich nicht vollständig decken.
Dabei ist für diesen Untersuchungsrahmen vor allem von Belang, dass sich der Hund
auf dem schwedischen Taufstein durch sein Halsband eindeutig identifizieren lässt.
Denn aufgrund dieser Beobachtung büßen die anderen Deutungsversuche des wolfsähnlichen
Wesens im Bildkontext eines Hirsches ihre Plausibilität endgültig ein.
Doch stellt sich nunmehr die Frage nach dem ikonographischen Motiv für die Darstellung
eines Hundes im Zusammenhang mit der Taufe. Während er in der antiken Literatur
als treuer Begleiter des Menschen überwiegend positiv gewertet wird, dient das
Tier in der Bibel vor allem als negative Metapher.34 So wird er in der Offenbarung des
Johannes im Kontext von Zauberern, Unzüchtigen, Mördern und Götzendienern genannt
.35 Gleichwohl schätzte aber auch das christliche Mittelalter den Hund als nützliches
Haustier und verlässlichen Jagdgehilfen zu sehr, als dass er ausschließlich als Symbol
für Bosheit und Lasterhaftigkeit hätte gelten können. Bereits Augustinus schreibt
32 Strobel datiert die Kämpferreliefs in die Zeit um 1130, vgl. Strobel, Bauplastik (wie Anm. 11), S. 160.
33 Vgl. Nordström, Mediaeval Baptismal Fonts (wie Anm. 20), S. 138.
34 Vgl. Kirschbaum, Lexikon (wie Anm. 15), Bd. 2. Sp. 334-336.
35 Vgl. Offb 22,15; s.a. die gleiche pejorative Konnotation in Ps 21,17; Ps 58,6f.
13
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2015-16/0021