Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
51/52(136/137).2015/16
Seite: 15
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Der Freudenstädter Taufstein und das Bietenhausener Tympanon

Ganz ähnlich versteht Hrabanus Maurus dieses Tier auch in seinen Allegoriae zur Heiligen
Schrift als Sinnbild für einen schamlosen Sünder, da er gleich dem Hunde, der
nach einem Proverbium Salomonis44 zu seinem Gespei zurückkehre, immer wieder in
seine Sündhaftigkeit zurückfalle.45

Dass diese allegorische Deutung des Hundes nicht auf die Gedankenwelt des Hrabanus
Maurus beschränkt blieb, sondern zumindest seit dem 9. Jahrhundert zum geistigen
Allgemeingut der Gläubigen gerechnet werden darf, zeigt unter anderem das Epyllion
De quo dam verbece a cane discerpto von Sedulius Scotus.46 Er deutet darin die Fabel
von einem prächtigen Hammel, der zunächst von einem Dieb gestohlen, dann aber von
den Hunden, die ihn eigentlich befreien sollten, zerissen wurde, nach christlichem Verständnis
aus. Dabei wird das Hinscheiden des Hammels mit dem Opfertod Christi
gleichgesetzt, der einen riesigen Cerberus nicht vollends überwinden wollte und deshalb
selbst durch ihn zu Tode gehetzt wurde. Auch hier bedient sich der Dichter des Hundes
als Sinnbild des Christusmörders und ewigen Sünders. Bildhafte Nachwirkungen dieser
Erzählung lassen sich unter anderem an einem Tympanon über dem Portal der evangelischen
Pfarrkirche (St. Veit) in Eichel (Stadt Wertheim, Main-Tauber-Kreis) festmachen,
wo das Lamm Gottes mit Widderhörnern einem drohenden Hund gegenübersteht.47

3. DAS BIETENHAUSENER TYMPANON

Eine weitere Hundedarstellung im Kontext der Erbsünde rindet sich auf einem romanischen
Tympanon in Bietenhausen (Gde. Rangendingen, Zollernalbkreis).48 Das betreffende
Bogenfeld ist dort an der bereits 1275 erwähnten, jedoch 1788/91 vollkom-

43 Vgl. Hrabanus Maurus, de universo (wie Anm. 40), Sp. 224: Hic leonem diabolum, canem vero genti-
lem vel hominem peccatorem accipiendum puto. Qui ideo melior dicitur, quod ad fidem et poenitentiam
possit venire.

44 Vgl. Prv 26,11.

45 Vgl. Beati Rabani Mauri Fuldensis abbatis et Moguntini archiepiscopi allegoriae in universam sacram
scripturam. In: Beati Rabani Mauri Fuldensis abbatis et Moguntini archiepiscopi opera omnia. Tomus VI.
Accurante Johanne-Paulo Migne. Parisiis 1878 (Patrologiae cursus completus / Series Latinall2),
Sp. 849-1088, hier Sp. 883: Canis estpeccator impudens, ut in Parabolis:, Canis reversus ad vomitum suum\
id est, peccator impudens redit adpeccatum suum. Ubersetzung: Der Hund ist ein schamloser Sünder, weshalb
es in den Gleichnissen heißt: „Der Hund ist zu seinem Gespei zurückgekehrt", das heißt, der schamlose
Sünder kehrt zu seiner Sünde zurück. - Zur Rezeptionsgeschichte dieser Metapher vgl. Meinolf
Schumacher: Sündenschmutz und Herzensreinheit. Studien zur Metaphorik der Sünde in lateinischer
und deutscher Literatur des Mittelalters. München 1996 (Münstersche Mittelalter-Schriften 73), S. 374-379.

46 Vgl. Reinhard Düchting: Vom Hammel, den ein Hund gerissen. Ein lateinisches Poem des Iren Sedulius
. In: Ute Schwab (Hg.): Das Tier in der Dichtung. Heidelberg 1970, S. 114-127.

47 Vgl. Kalbaum, Romanische Türstürze (wie Anm. 2), S. 236 f., 509 (Abb. 26). - Siehe zur gleichen Bedeutung
der Hunde in mittelalterlichen Gründungslegenden Leonie Franz: Im Anfang war das Tier. Zur
Funktion und Bedeutung des Hirsches in mittelalterlichen Gründungslegenden. In: Sabine Obermaier
(Hg.): Tiere und Fabelwesen im Mittelalter. Berlin 2009, S. 261-280, hier S. 271 f.

48 Vgl. Kalbaum, Romanische Türstürze (wie Anm. 2), S. 207-211 (mit Angabe der älteren Literatur), 503
(Abb. 13). - Eine computistische Ausdeutung erfuhr das Tympanon kürzlich von Martin Kiess: Das Bietenhausener
Tympanon ist Philipp und Jakobus geweiht. In: Schwäbische Heimat 51 (2000), S. 316-324.

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