Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
51/52(136/137).2015/16
Seite: 20
(PDF, 88 MB)
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Jan Ilas Bartusch

4. DIE GEMEINSAMEN WURZELN VON TAUFSTEIN UND TYMPANON

Obwohl es auf den ersten Blick aussichtslos erscheint, die entsprechende Begriffsquelle
des Inschriftenverfassers zu ermitteln, lässt sich diese Frage doch über die Ikonographie
des Hundes als Metapher für den sündhaften Menschen überraschend eindeutig beantworten
. Denn die stilistische Umsetzung der beiden Bietenhausener Hunde lässt im
Vergleich mit ihrem Artgenossen am Alpirsbacher Taufstein eine erstaunlich nahe Verwandtschaft
erkennen (Abb. 6, 9). Diese schlägt sich nicht nur in der Behandlung der
spitzen, zahnlosen Schnauzen, in den um die mandelförmigen Augen gelegten Wulstringen
oder den spitzen Ohren nieder, sondern auch in der Gestaltung der Pfoten und
des Schwanzes. Stärker noch entsprechen die spitzovalen Quasten in Bietenhausen den
Schwanzenden des Einhorns und eines der Löwen in Freudenstadt. Im südwestdeutschen
Raum findet sich kein einziges romanisches Türbogenfeld, dessen Figuren auch
nur annähernd vergleichbar wären.63 Die daraus resultierende Schlussfolgerung, dass
das Tympanon und der Taufstein nicht nur etwa derselben Zeit entstammen, sondern
offenbar von Steinmetzen derselben Bauhütte geschlagen wurden, kann sich aber außerdem
auf ein philologisches Argument berufen. Denn die Inschrift des Taufsteins beruht
ganz offensichtlich auf einem Vers im Carmen Paschale des Caelius Sedulius, einem
jener Werke, in dem sich auch die Junktur mortis amator rindet. Hier heißt es im
ersten Buch von Christus als Erlöser: [...]potuque sacrati/Sanguinis infusum depellis
ab angue uenenum [.. .].64 Es besteht kein Zweifel, dass sich die Taufstein-Inschrift
EVOMIT • INFVSV(M) • HOMO • CERVVS • AB • ANGVE • VENENVM unmittelbar
an diese Formulierung anlehnt, zumal die anschließenden Verse direkt auf das Mysterium
der Taufe Bezug nehmen:

Qui genus humanuni praeter quos clauserat arca
Diluuii rapida spumantis mole sepultum
Vna iterum de Stirpe creas, ut mystica uirtus,
Quod carnis delicta necant, hocpraesule ligno
Monstraret liquidas renouari posse per undas,
Totum namque lauans uno baptismate mundum}5

Somit zeichnet sich zwischen dem Freudenstädter Taufstein und dem Bietenhausener
Tympanon sowohl auf der Stil- als auch auf der Textebene eine enge Beziehung ab.
Hinzu treten zwei die Syntax und die Paläographie betreffende Beobachtungen. Einerseits
fällt auf, dass in beiden Inschriften die für die Aussage zentralen Nomina jeweils
durch ein substantivisches Prädikativum näher bestimmt werden. Wie am Taufstein

63 Vgl. Kalbaum, Romanische Türstürze (wie Anm. 2).

64 Vgl. Sedulii opera (wie Anm. 60), S.21 (Vers 71 f.). Ubersetzung: [...] durch den Trank deines geheiligten
Blutes tilgst du das von der Schlange eingeflößte Gift [...]."

65 Vgl. ebd. S. 21 (Verse 73-78). Ubersetzung: Der du das Geschlecht der Menschen, derentwegen sich
die Arche geschlossen hatte und das von der Masse der rasch aufschäumenden Sintflut begraben worden
war, wiederum aus einem einzigen Stamm erschaffst, damit die geheimnisvolle Kraft mit diesem Holz als
Wahrzeichen zeige, dass das, was die Vergehen des Fleisches töten, durch Wasserwellen erneuert werden
kann, indem du nämlich die ganze Welt durch eine einzige Taufe reinwäschst.

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