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Werner Fischer
„Blutbad von Cannstatt" überlebte, warum musste er dann gezwungen werden? Muss-
te er nicht den Franken dankbar sein, dass sie ihn am Leben ließen? Insgesamt stochert
der fabulierende Autor im historischen Nebel herum.
Weil Baders erste und bisher einzige wissenschaftliche Herleitung des Ortsnamens
Meßkirch dort in Meßkirch nicht zur Kenntnis genommen wurde, hat der Verfasser
des vorliegenden Beitrags, Historiker und promovierter Germanist (Spezialgebiet Namenkunde
), seit 1987 immer wieder Versuche unternommen, in Vorträgen, Zeitungsund
Zeitschriftenartikeln die ältere, falsche Erklärung des Ortsnamens zu widerlegen
und für die neue zu werben.11 Bisher leider ohne Erfolg, wie eine Artikelserie aus dem
Jahre 2005 im Südkurier zeigt.12
Bei der Deutung eines Ortsnamens geht man heute in drei namenkundlich methodischen
Schritten vor: Erst sucht man die ältesten Belege für den Ortsnamen; dann
wählt man die naheliegendste, einfachste, einleuchtendste Erklärung aus; zuletzt macht
man die Realprobe, indem man überprüft, ob die Deutung sprachlich, historisch und
topographisch Sinn macht. Auf Meßkirch angewendet, heißt das: Aus den ältesten Belegen
geht hervor (Schritt 1), dass im Bestimmungswort die Messe in der Kirche steckt;
der Ort hieß also „Messe-kirche". Bei Schritt 2, der Frage, warum der Ort so hieß,
scheiden sich allerdings die Geister.
Karl Siegfried Bader verrannte sich bei seiner Deutung in historisch und germanistisch
wenig wahrscheinliche Vermutungen. Er schreibt: „Messe" bedeute „... in übertragenem
Sinne aber auch Ortsbezeichnung, also Wallfahrt, Kirchplatz, schließlich
Jahr- oder Kirchweihmarkt. ,Meßkirch' erweist sich demnach, durchaus dem Befund
einer Martinskirche entsprechend, als Sitz einer Zentralpfarrei und eines sich daran anlehnenden
Marktes."13
Was sagt der Namenkundler dazu? Die übertragene Bedeutung von Messe als „Jahrmarkt
, Kirchweihmesse" rindet sich zuerst im 10. Jahrhundert in Urkunden (der Ort
besitzt aber eine Martinskirche aus dem 8. oder 9. Jahrhundert); und Messe in diesem
Sinne (Kirmes u.ä.) wird nie als Misse bezeichnet. „Messe-Kirche" als „Jahrmarkt-Kirche
" zu deuten, wäre hier nicht die einfachste und naheliegendste Deutung; die wäre
„Messe" im ursprünglichen Sinn. Außerdem werden hier wieder die Formen mit misse
- ausgeklammert. Wenn wir die Realprobe machen (Schritt 3), dann erscheint die Benennung
des Ortes nach einer Kirche, die nach einem Kirchweihmarkt benannt ist, der
nur als Folge einer vorherigen Kirchengründung denkbar ist, unverständlich. Hier werden
Ursache und Wirkung, Anlass und Folge vertauscht.
Wenn man aber von der natürlichsten Erklärung ausgeht, also Meßkirch als „Messekirche
" deutet, dann bringt Schritt 3, die Realprobe, das Ergebnis: Meßkirch ist nach
einer Kirche mit (damals) ständigem Priester benannt, der regelmäßig die Messe feierte
(vielleicht zum Unterschied von einer Cella oder Cape IIa - oder einer Eigenkirche).14
11 Werner Fischer: Warum heißt Meßkirch „Meßkirch"?. In: Mitteilungsblatt des Freundes- und Förderkreises
des Martin-Heidegger-Gymnasiums Meßkirch 2/1987, S. 28-31. - Ders.: Warum heißt Meßkirch
„Meßkirch"?. In: Armin Heim: Meßkirch-Bibliographie, Meßkirch 1988, S. 61-64. - Ders.: Missa-
Messe - Messo? Eine notwendige Klärung. In: Meßkircher Heimathefte 13 (2005), S. 138-142.
12 Alfred Th. Heim: Eine der Urpfarreien des Landes. In: Südkurier (Ausgabe Pfullendorf/Meßkirch)
Nr. 132 vom 11.6.2005.
13 Bader, Zur späteren Hausgeschichte (wie Anm. 1), S. 122.
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