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Warum Meßkirch ,Meßkirch' heißt
Diese Erklärung wird durch das Patrozinium der Meßkircher Kirche gestützt. Die
ältesten Kirchen sind die Martins- und die Peter und Pauls-Kirchen. Der heilige Martin
war der Hausheilige der Merowinger und der Nationalheilige der Franken. Nun besitzt
Meßkirch eine Martinskirche. Und drei Orte in der Nähe bilden die Spitzen eines
Dreiecks, die jeweils etwa 3 bis 4 km voneinander entfernt sind, Schnerkingen, Rohrdorf
und Heudorf; und alle drei Orte haben eine Peter und Pauls-Kirche! Dazu kommt
noch eine vierte Peter und Pauls-Kirche in Leibertingen. Da im 8. und 9. Jahrhundert
die Kirchen dünn gesät waren, haben wir es hier mit einer Massierung von ganz alten
Kirchen auf engstem Raum zu tun, wie man sie im übrigen Südwestdeutschland nicht
kennt. Die nächsten Martinskirchen finden sich in Mühlingen, (Aach-)Linz, Bietingen,
Beuron, Mengen; die nächste Peter und Pauls-Kirche in Herdwangen. Das weist darauf
hin, dass der Raum Meßkirch zur Zeit der Missionierung eine wichtige Mittelpunktsfunktion
zwischen Donau und unterem Bodensee gespielt haben könnte.15
Wenn man die Ergebnisse der Namendeutung, der Verteilung ältester Kirchen in der
Region und der Eigenkirchen-Forschung zusammennimmt, erscheint die Deutung von
Meßkirch als „Messe-Kirche" nicht mehr abwegig. Alle älteren Historiker, Baumann,
Tumbült, Eiermann und andere, haben darauf hingewiesen, dass die Entwicklung der
Stadt Meßkirch eng mit der Kirche verbunden ist. Die obige Deutung liefert die historischen
Argumente für die älteren Behauptungen. Kirchen wurden in bestehenden
Siedlungen gegründet, nicht auf freiem Feld. Dass es bei der Gründung der Martinskirche
schon eine bestehende Siedlung gab, darauf weisen Grabfunde aus der Mero-
wingerzeit im Meßkircher Heimatmuseum hin.
14 Ulrich Stutz: Die Eigenkirche als Element des mittelalterlich-germanischen Kirchenrechts. Berlin
1895. - Ders.: Eigenkirche, Eigenkloster. In: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche.
Bd. 23. Leipzig 31913, S. 364-377. - Beide Arbeiten sind nachgedruckt in: Ulrich Stutz: Die Eigenkirche
als Element des mittelalterlich-germanischen Kirchenrechts. Darmstadt 1955 (Libelli 28).
15 Zu den Kirchenpatrozinien: Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und
Gemeinden. Hg. von der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg. 8 Bde. Stuttgart 1974-1983, Bd. 6
(1982), S. 794, Bd. 7 (1978), S. 808, 816f. 819f., 822, 824, 835, 842, 869. - Die Kirche in Laiz hat kein altes
Peter- und Pauls-Patrozinium, siehe Edmund Bercker: Die Kirchen-, Kapellen- und Altarpatrozinien im
Kreis Sigmaringen. Sigmaringen 1967 (Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns 6), S. 91.
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