http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2015-16/0048
Yvonne Arras
2.3 Bedeutung und Quellenwert der Chronik
Die Bedeutung von Welz-Ruef liegt zunächst in dem immensen Material, welches die
Chronisten auf 1160 handbeschriebenen Seiten bereitstellen. Es lässt sich unter verschiedenen
Fragestellungen (z.B. statistisch, ordens- oder sozialgeschichtlich) auswerten
.26 Für prosopographische Studien bieten Welz-Ruef reichlich Stoff - vielfach ist es
möglich, zahlreiche bibliographisch-lebensgeschichtliche Daten einzelner Personen zusammenzufinden
. Allerdings erschwert die Konzeption der Chronik diese Methode,
denn Welz-Ruef führen die meisten Informationen verständlicherweise unter jenem
Konvent auf, aus dem das fragliche Ordensmitglied kommt. Doch finden sich wertvolle
Zusatzinformationen auch in Berichten jener Konvente, in denen die gesuchte
Person zeitweise amtierte. Da das Register lediglich Konventsnamen, nicht aber Personennamen
verzeichnet, gestaltet sich die Suche daher bisweilen langwierig.
Die Wahrhaftigkeit statistischer und/oder aus Ruefs Perspektive zeitgeschichtlicher
Angaben ist in der Regel nicht anzuzweifeln. Historische Angaben aus vorreformato-
rischer Zeit sind demgegenüber nicht immer zuverlässig. Die Autoren tendieren im
Falle religiöser Wundergeschichten dazu, diese zu überhöhen und hinterfragen deren
Faktizität nicht. Dennoch darf mit Ambrosius Eszer resümiert werden: „Die wichtigste
Quelle für die Geschichte der Provinz stellt wohl immer noch die ,Geschichte der
Deutschen und hernach Sächsischen Provinz Pred[iger] Ord[ens] [...]' dar."27
Für die Geschichte des Augsburger Konvents schließlich ist die Chronik von kaum
zu überschätzendem Wert. So wäre die Monographie Polykarp Siemers über den Augsburger
Predigerkonvent ohne Welz-Ruef in dieser Form unmöglich gewesen - bemerkenswert
ist dennoch, dass sie noch immer die einzige ihrer Art ist, wo doch der Konvent
von St. Magdalena im 17./18. Jahrhundert das „wichtigste Kloster der Provinz"
(Eszer) darstellte - eine Einschätzung, die hinsichtlich der oberdeutschen Kongregation
auch auf die ersten zwei Dezennien des 16. Jahrhunderts übertragen werden darf.28
2.4 Zur Rezeptionsgeschichte
Vor Siemer bemühte Wilms die Chronik von Welz-Ruef für seine lange Zeit maßgebliche
, weil singuläre Studie über die deutschen Dominikanerinnen.29 Während Wilms in
der Folge regelmäßig, andere Historiker (u. a. Brigitta Hilberling, Heribert Christian
Scheeben, Ambrosius Eszer) aus spezifischem Forschungsinteresse auf Welz-Ruef zu-
26 In Walz, Statistisches (wie Anm. 8), S. 67-100 wird ersichtlich, dass die um 1752/53 datierten Konventslisten
, die Welz-Ruef offenbar teils gekannt haben (vgl. z.B. jene für Stetten in Welz-Ruef II, S. 347-
350 mit Wvlz, ebd., S. 99f) wohl für den General gedacht waren.
27 Ambrosius Eszer OP: Kapitelsakten [I] der Süddeutschen Ordensprovinz „Saxonia" der Dominikaner
. In: Archivum Fratrum Praedicatorum 53 (1983), S. 367-431, hier zit. S. 368, hier auch das folgende Zitat
.
28 Siemer, Sankt Magdalena (wie Anm. 3). - Zur Bedeutung des Magdalenenklosters zu Beginn des
16. Jahrhunderts vgl. Hübscher, Kongregation (wie Anm. 13), passim.
29 Hieronymus Wilms OP: Geschichte der deutschen Dominikanerinnen 1206-1916. Dülmen 1920. -
Welz-Ruef ist nicht erwähnt in Max Heimbucher: Die Orden und Kongregationen der katholischen Kirche
. Bd. 1. Paderborn 1933, S. 468-523, hier S. 509-511. - Vgl. Eszer, Kapitelsakten I (wie Anm. 27), S. 368.
40
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2015-16/0048