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Die Dominikanerinnen und Dominikaner der Region Neckar-Alb
kannte die Situation daher aus eigener Anschauung. Es war aber noch das Problem zu
lösen, dass Stetten zu dem Zeitpunkt gar nicht zum Orden gehörte. Deswegen ersuchte
Bischof Friedrich, der hierfür wohl geeigneter war als Eitelfriedrich II., den Konstanzer
Bischof um die Entlassung des Klosters seines Bruders aus der bischöflich konstanzischen
Jurisdiktion. Nachdem dieser sein Einverständnis gab, wurden die
Dominikaner verständigt, die die Organisation des Transfers der Engelporter Schwestern
aus Obersteigen nach Stetten in die Wege leiteten. Es mussten Reisewagen und Begleitpersonal
bestellt, für Ubernachtungsmöglichkeiten gesorgt, die Reiseroute geplant
werden, usw. Die Kosten hierfür trugen mit Sicherheit die Zollerngrafen, wahrscheinlich
der Schirmherr Eitelfriedrich II.
Nach einer bald 20-jährigen Odyssee kamen die Engelporter Reformnonnen im
Sommer 1502 aus Obersteigen in Stetten an, das dadurch dem Orden wieder einverleibt
wurde, was Eitelfriedrich am 2. August 1502 beurkundete. Thomas von Lampertheim
zog als Beichtvater mit nach Stetten um. Dies bezeugt er selbst in einer Anfang
des 16. Jahrhunderts offenkundig für das Kloster Stetten im Gnadental angefertigten
Handschrift (Papier, Holzdeckel, brauner Lederüberzug, 111 Blätter, 15x11 cm), welche
Konstitutionen und Regel für Dominikanerinnen in deutscher Sprache enthält und
in der Stettener Klosterforschung bislang unbekannt war. Auf fol. 60v ist zu lesen: Ver-
merck etlich hailsam fruchtbar [...] leren und underwyssungen, so der andechtig würdig
vater Thomas Lamparter, bychtiger des reformierten dosters Gnadental Stetten genant
prediger ordens, gibt den gaistlichen och allen crist glöbigen menschen zuo ainer
under wysung.54
1507 sind die restlichen Obersteiger Schwestern nach Stetten umgesiedelt; so dass
das Kloster in Obersteigen dann tatsächlich „leer" war. Nun verzichtete schließlich
auch der Konstanzer Bischof auf sämtliche Ansprüche an der Jurisdiktion über Stetten
, Eitelfriedrich bestätigte die Freiheiten des Klosters (was seine Nachfolger jeweils
wiederholten); daraufhin erklärte die Ordensleitung die Reformierung Stettens für abgeschlossen
.
In dem gesamten Unterfangen sticht vor allem eine Figur geradezu heraus: Friedrich
II. von Zollern, Bischof zu Augsburg - er spielte die zentrale Rolle: Er erfüllte die
notwendige Scharnier-Funktion, die die einzelnen Parteien zusammenführte. Deshalb
können Welz-Ruef in der oben zitierten Passage das Engagement Friedrichs ausdrücklich
hervorheben, obwohl der Bischof in diese Angelegenheit eigentlich nicht involviert
hätte sein müssen.
54 Diese Handschrift befindet sich heute in der Studienbibliothek Dillingen (Cod. XV197), vgl. Die mittelalterlichen
Handschriften der Studienbibliothek Dillingen. Beschrieben von Elisabeth Wunderle.
Wiesbaden 2006, S. 372-376, hier zit. S. 376. Wie sie dorthin kam, ist unklar. Denkbar wäre (vorerst aber
nur hypothetisch), dass einer der Augsburger Beichtväter das Buch mitgenommen hat oder dass einer der
Zollerngrafen, die in Dillingen studierten, das Buch dorthin brachte, z.B. EitelfriedrichI. von Hohenzol-
lern-Hechingen (vgl. Walter Bernhardt: Graf Eitelfriedrich I. von Hohenzollern-Hechingen [1545-
1605]. In: ZHG 12 [1976], S. 29-97, hier S. 34).
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