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Yvonne Arras
dium, dann im Landshuter Generalstudium. Sauter, der des Französischen mächtig war,
wurde 1773 erstmals zum Prior seines Heimatkonvents Augsburg erwählt. 1775 bis
1777 war er Regens (Leiter) des dortigen Generalstudiums. Mit der lateinischen Edition
der französischen Moraltheologie des Antoine Godeau (1605-1672; La morale chre-
tienne [...], Paris 1709), setzte Sauter seinerzeit ein Zeichen: Es tobte bis zur Aufhebung
des Jesuitenordens 1773 auch in Augsburg zwischen Dominikanern und Jesuiten
der so genannte „Probabilismus"-Streit. Hierbei „drehte es sich, grob gesagt, um die
Frage: Bin ich, wenn ich ernste Zweifel an der Verpflichtung eines Moralgesetzes hege,
innerhalb bestimmter Grenzen in meiner sittlichen Entscheidung frei?" {Barth). Die
Jesuiten fochten für den Probabilismus und damit für die gelindere Sitten-Lehr (P.
Franz Neumayr SJ, hier nach Barth). Die Moraltheologie bei den Dominikanern war
hingegen eher anti-probabilistsch ausgerichtet. Sie suchten dennoch den „goldenen
Mittelweg zwischen Rigorismus und Laxismus" {Barth). Godeau war ebenfalls Anti-
Probabilist gewesen. Die unter dem Titel Theologia moralis ex purissimis s. Scriptum,
patrum ac conciliorum fontibus derivata, notis theologicis illustrata (Augsburg 1774) herausgegebene
Neuedition von Godeaus französischer Ausgabe, die Sauter demnach mit
Kommentaren aus der Heiligen Schrift, den Kirchenvätern und Konzilsdekreten versehen
hatte, ist insofern brisant, als dass sie just nach Aufhebung der Societas Jesu erschien
. Die Jesuiten wurden letztlich auch wegen ihrer Haltung zu dieser Problematik
aufgehoben. Sauter hatte das Erscheinungsdatum natürlich absichtlich so gewählt. Placidus
Sprenger, zeitgenössischer Rezensent der „Litteratur des katholischen Deutschlands
", zeigt sich 1775 jedenfalls zufrieden: „Nach so vielen [...] buntscheckigen Kompendien
, welche die Pflichten der Christen größtenteils auf das Ansehen und die
Aussprüche scholastischer Schultheiße gegründet haben, erscheint endlich in Deutschland
eine theologische Moral, [...] welche ihre gesunden Lehren aus den reinen Quellen
[...] geschöpft hat." Aus Sauters Feder stammen weitere sieben Schriften über mo-
raltheolgische, dogmatische, logische und metaphysische Themen. Eines der Werke
{Philosophiae ad hominem religiosum comparatae convenientia, utilitas, necessitas dia-
logistice ostensa, una cum positionibus ex universa philosophia Thomistica [Bamberg
1767]) schrieb Sauter mit Vitalis Buchner, dem späteren Stettener Beichtvater. 1778
wurde Sauter zum Prior von Schwäbisch Gmünd gewählt. Ab 1780 war er Beichtvater
in Stetten. In dieser Funktion schrieb er im Sommer 1781 an die hohenzollerische Regierung
, um diese zu veranlassen, bei der württembergischen Regierung in Stuttgart
nachzufragen, warum man die Renovation der Einkünfte des Klosters Stetten im Amt
Balingen nicht zurücksende, diese wäre bereits vor drei Jahren in Auftrag gegeben worden
. Außerdem kümmerte er sich um Darlehen der Dominikanerpovinz für Rangendingen
, da sich der Konvent finanziell hoffnungslos übernommen hatte. Sodann gewährte
der Stettener Konvent 1783 unter Sauters Leitung und mit bereitwilliger
Zustimmung des Fürsten einer Hechinger Jüdin einen Platz im Kloster, da diese zu
konvertieren gedachte (bemerkenswert daran ist, dass die Frau als Jüdin [!] eintrat und
erst nach einer Probezeit konvertierte). In Stetten hat Sauter offenbar auch Der das Leben
Christi mit Andacht Betrachtende (Augsburg 1790) verfasst. Als die Augsburger
Dominikaner Sauter 1791 zum Prior wählten, ging er wieder zurück in seinen Konvent
. Um dem Nachwuchsschwund in Zeiten der nahenden Säkularisation entgegenzutreten
, ließ sich Sauter eine Kleider-Kommunität einfallen. Welz-Ruef berichten, er
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