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Die Dominikanerinnen und Dominikaner der Region Neckar-Alb
dens - weder damals noch heute. Faber war von 1507 bis 1524 Prior des Augsburger
Konvents, Kaiserlicher Rat Maximilians I. (er hielt auch die Trauerrede auf den toten
Kaiser am 16. Januar 1519 in Wels) und befreundet mit einer Reihe zeitgenössischer
Humanisten, etwa mit Willibald Pirckheimer, Conrad Peutinger oder Erasmus von
Rotterdam, um nur die bekanntesten zu nennen. Vor allem aber war er von 1511 bis
1520 Generalvikar der nicht-observanten Kongregation der deutschen Dominikaner,
das heißt er leitete diejenigen Konvente der Teutonia, die sich der Observanzbewegung
widersetzten. Johann Faber, unter dessen Führung der Augsburger Magdalenenkon-
vent zu Beginn des 16. Jahrhunderts weit über die Stadt hinaus Bekanntheit erlangte,
konnte der Observanz, wie sie damals in der Teutonia gepflegt wurde, in keiner Weise
etwas Positives abgewinnen. Wenn er nun als Generalvikar nach Kirchberg kam, ist
hinreichend belegt, dass Kirchberg eben nicht zur observanten Provinz gehörte. Faber
unterbreitete den Kirchberger Schwestern bei seinem Besuch die erwähnte „neue Ordnung
"; und zwar tat er dies von wegen [...] siner kayserlichen maiestet als fürsten zu
Osterreich unndheren in hohemberg als Castvogt unnd Schirmheren obgedachts Gotz-
huss [.. .7, gemeint ist also Kaiser Maximilian I., der ebenfalls gegen die Dominikaner-
observanten war. Laut dieser Ordnung durften die Schwestern unter anderem täglich
Besucher empfangen, in Zweiergruppen bis zu sechs Wochen verreisen, private Nebeneinkünfte
behalten, sie mussten aber mehrmals täglich singen und lesen und ansonsten
die Konstitutionen konsultieren.
Die Literatur begreift diese „neue Ordnung" als Reformdekret, das jedoch viel zu
„milde" ausgefallen sei.93 Doch diese Meinung verkennt die Einstellung der Handlungsträger
grundlegend. Tatsächlich war die „neue Ordnung" nie zum Zweck der Ob-
servanzreform gedacht.
Stellt man zum Vergleich dem Lebenswandel der Kirchberger Klosterfrauen wie er
in der „neuen Ordnung" offenbar wird, jenen gegenüber, der zeitgleich im 20 Kilometer
entfernten Stetten im Gnadental praktiziert wurde, wie er aus der in Dillingen befindlichen
Handschrift und aus der Stettener Predigthandschrift hervorgeht, so kann
man in hervorragender Weise Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen obser-
vanter und der nicht-observanter Klausurpraxis in süddeutschen Dominikanerinnenklöstern
erkennen.
Darüber hinaus bieten die Klöster Kirchberg und Gnadental ein anschauliches Beispiel
für die Bedeutung des Schirm- bzw. Landesherrn hinsichtlich der observanten Reform
: Während sich der Zollerngraf Eitelfriedrich II. zusammen mit seinem Bruder Bischof
Friedrich II. aktiv für die Reform Stettens engagierte, brauchten die Kirchberger
Klosterfrauen unter dem Schirm Maximilians I. die Observanz nicht zu fürchten. Die
Schirmherrschaft ist der springende Punkt bei der Reformfrage (sowohl bei Stetten wie
bei Kirchberg waren Landes- und Schirmherr identisch).
Dass Welz-Ruef aber gerade über diese Begebenheit, die Visitation Kirchbergs durch
Johann Faber, die doch unweigerlich mit ihrem Konvent zusammenhing, nicht Bescheid
wussten, mag darauf zurückzuführen sein, dass weder vom vorreformatorischen
Augsburger Klosterarchiv noch von der überaus gut sortierten Bibliothek der Domi-
93 Krauss, Kirchberg (wie Anm. 53), S. 313.
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