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Niklas Konzen
Es handelte sich um eben jenen Wilhelm Herter, der in später in der Klingenberger
Fehde als Hauptmann der Truppen Graf Ulrichs von Württemberg-Stuttgart die
Schalksburg belagerte.
Anderthalb Jahre vor Beginn der Klingenberger Fehde fühlte sich Rechberg also offenbar
durch eine mächtige Adelsgruppe bedroht, die ihn auszuschließen und vom Hof
zu vertreiben versuchte, um den Rat des Grafen Ulrich von Württemberg in ihrem Sinne
dominieren zu können. Dieses Schlaglicht auf die innere Dynamik des Stuttgarter
Hofes rückt ins Bewusstsein, dass Hans von Rechbergs Beziehungen zu Württemberg
nicht nur von ihm und seinem Dienstherrn, sondern auch von den Aktivitäten anderer
Adliger abhingen. Zwar handelte es sich bei dem Kreis der Verwandten und Verbündeten
Georg Kaibs um eine Gruppe, die nur eine geringe Schnittmenge mit der Gesellschaft
mit St. Georgenschild aufwies, deren Mitglieder vor allem am Uracher Hof vertreten
waren. Rechbergs Isolierung am Stuttgarter Hof dürfte jedoch die Haltung des
Grafen Ulrich von Württemberg-Stuttgart in der kommenden Auseinandersetzung
zwischen Rechberg und der Gesellschaft, die bereits eine längere Vorgeschichte hatte,
entscheidend beeinflusst haben.
3.2 Hans von Rechbergs Verhältnis zur Gesellschaft mit St. Georgenschild
Sowohl Hans von Rechberg als auch die Herren von Klingenberg waren ursprünglich
selbst in der Gesellschaft mit St. Georgenschild integriert. Zahlreiche Herren von Rechberg
, darunter Hans' Vater sowie seine Brüder Wilhelm und Albrecht, gehörten der
Gesellschaft in der ersten Jahrhunderthälfte an. Auch Hans selbst wird in einer Liste
aus der Zeit um 1440 als Mitglied der Gesellschaft im Hegau geführt, in der die Herkunftsfamilie
seiner ersten Ehefrau, Verena geborene Truchsessin von Waldburg, eine
wichtige Rolle spielte.52
Gerade um 1440 jedoch scheint sich eine ganze Reihe von Adligen von der Gesellschaft
abgewendet zu haben, begründet vielleicht durch parallele reichspolitische Entwicklungen
. Der Georgenschild verfolgte eine eher ausgleichende bis kooperative Po-
52 Heinrich von Rechberg erscheint im Bundsbrief des Georgenschilds von 1407, Hans in einer undatierten
Liste aus der Zeit um 1440 (Holger Kruse, Werner Paravicini und Andreas Ranft [Hgg.]: Ritterorden
und Adelsgesellschaften im spätmittelalterlichen Deutschland. Frankfurt a. M. 1991 [Kieler Werkstücke
D: Beiträge zur europäischen Geschichte des späten Mittelalters 1], S. 210, 212), seine Brüder
Wilhelm und Albrecht 1437 als Mitglieder der Gesellschaft mit St. Georgenschild in Niederschwaben an
der Donau (Hermann Herre [Hg.]: Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Friedrich III., 1. Abt. 1. Hälfte
[1440-1441], Gotha 1912 [Deutsche Reichstagsakten 15.1], S. 375, Anm. 1.). Hans von Rechbergs
Schwiegervater Johann II. Truchsess von Waldburg gehörte 1407 zu den Gründungsmitgliedern der Adelsgesellschaft
, wird 1408 erneut als Mitglied und 1413 als Hauptmann genannt (Kruse/Ranft/Paravicini,
Ritterorden [wie oben], S. 210f.). Sein Sohn Jakob Truchsess von Waldburg war 1439 Mitglied der Gesellschaft
im Hegau (Franziska Geiges-Heindl, Karl Mommsen und Martin Salzmann [Hgg.]: Reper-
torium schweizergeschichtlicher Quellen im Generallandesarchiv Karlsruhe. Abteilung I: Konstanz-Reichenau
. Bd 1. Zürich/Einsiedeln 1981, Reg. Nr. 1733). Ab 1442 erscheint dessen Bruder Eberhard als
Mitglied der Gesellschaft, der spätestens 1456 Hauptmann der Teilgesellschaft in Oberschwaben wird (Joseph
Vochezer: Geschichte des fürstlichen Hauses Waldburg in Schwaben. Bd 1. Kempten 1888, S. 519,
526. - Kruse/Ranft/Paravicini, Ritterorden [wie oben], S. 213).
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