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Niklas Konzen
zumindest im Hinblick auf die getäuschten Erwartungen Rechbergs und Klingenbergs
bezüglich der Parteinahme Württembergs den Tatsachen entsprochen haben. Die Aussage
Klingenbergs, Graf Ulrich von Württemberg habe ihn und Rechberg ausdrücklich
zu diesem Vorgehen ermutigt, lässt sich nicht überprüfen, wäre aber sehr plausibel. Das
Szenario, dass Graf Ulrich von Württemberg Rechberg und Klingenberg zu einer Stellvertreterfehde
gegen Graf Johann von Werdenberg animieren wollte, wäre in Anbetracht
der fortbestehenden Differenzen beider Grafen um den Besitz der Herrschaft
Sigmaringen durchaus wahrscheinlich gewesen. Beide Grafen von Württemberg hatten
Gründe, um die beiden Adligen in diese Fehde zu treiben: Dieses Vorgehen eröffnete
ihnen die Möglichkeit, Rechberg und Klingenberg militärisch zu unterwerfen und ihnen
dann Bedingungen aufzuzwingen, die eine württembergische Expansion in der
Herrschaft Schramberg sowie den Rückgewinn der Herrschaft Schalksburg - idealerweise
ohne Rückzahlung der Pfandsumme - ermöglicht hätte.
Die Klingenberger Fehde stellt sich damit als eine Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden
Adelsgruppen dar, die um den Zugang zum Rat der Grafen von Württemberg
konkurrierten, um sich jeweils durch Einbindung in die fürstliche Regierung
gegen das Risiko einer territorialen Verdrängung abzusichern. Wie Rechberg und Klingenberg
zu ihrem Schaden herausfinden mussten, war die Gesellschaft mit St. Georgenschild
für die Grafen von Württemberg letztlich der wichtigere Partner.
In den Jahrzehnten nach dem Ende der Fehde wurden die Grafen von Werdenberg
in der Herrschaft Sigmaringen durch die Grafen von Zollern beerbt, die auf dieser Basis
langfristig große Teile des ehemaligen Besitzes ihrer Familie zurückgewinnen und
daraus mit österreichischer Protektion die späteren Fürstentümer Hohenzollern-He-
chingen und Hohenzollern-Sigmaringen aufbauen konnten.68 Aus der Gesellschaft mit
St. Georgenschild entstand die Reichsritterschaft, die als korporative Standesvertretung
der kleinen reichsunmittelbaren Adligen in den drei Reichskreisen in Schwaben, Franken
und am Rhein bis zum Ende des Alten Reiches Bestand hatte. Hans von Rechbergs
Nachkommen konnten sich noch für zwei weitere Generationen als Herren der Herrschaft
Schramberg im Schwarzwald halten. Die Schalksburg wurde, wie auch die früher
rechbergische Herrschaft Gammertingen-Hettingen, als Pfand von den Herren von
Bubenhofen erworben, die sich dem Familienverband der Schlegler-Nachfahren zurechnen
lassen, dem auch Rechbergs Erzfeind Georg Kaib angehörte.69
68 Fritz Kallenberg: Hohenzollern im Alten Reich. In: Ders. (Hg.): Hohenzollern. Stuttgart 1996
(Schriften zur politischen Landeskunde Baden-Württembergs 23), S. 48-128, hier S. 57-60. - Andreas Ze-
korn: Zwischen Habsburg und Hohenzollern. Verfassungs- und Sozialgeschichte der Stadt Sigmaringen
im 17. und 18. Jahrhundert. Sigmaringen 1996 (= Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns Bd. 16).
69 Zur weiteren Besitzgeschichte der Herrschaft Schalksburg sowie der Herrschaft Gammertingen-Hettingen
Trugenberger, Erwerb (wie Anm. 3), S. 137f. - Zur Zuordnung der Herren von Bubenhofen zum
Familienverband der Schlegler-Nachfahren Konzen, Aller Welt Feind (wie Anm. 1), S. 308-315.
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