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Wolfgang Ludwig A. Hermann
noch gültigen hohenzollerischen Schulgesetze 1864 zusammen, ordnete sie neu, fügte
die preußischen Verordnungen hinzu und versah alles der Aktualität wegen mit Anmerkungen
.2
Vor allem durchziehen zwei Probleme die gesamte Geschichte des Schulwesens: die
Abhängigkeit der Schule von der Kirche und die unbefriedigende Besoldung der Lehrer.
Sie blieben auf die Gemeinden angewiesen, in denen sie in überfüllten Klassen lehren
mussten. Um ihre Anerkennung am Wohnort hatten die Lehrer ständig zu kämpfen.
Wenigstens kam am 14. Juni 1888 das Schullastengesetz zustande, das alle Volksschulen
in Preußen in der Theorie schulgeldfrei stellte. Die Volksschullehrer konnten
seit dieser Zeit wenigstens auf eine Gleichstellung ihrer Besoldung innerhalb Hohen-
zollerns hoffen. Immerhin äußerte der Brockhaus 1895, um die Volksbildung in Ho-
henzollern sei es am günstigsten bestellt.3 Wie die Hohenzollern das Ringen in Berlin
um Schulreformen miterlebten, zeigen die Berichte und Kommentare in der Presse. Es
waren vor allem die zuweilen diffamierenden Auseinandersetzungen zwischen den
Hohenzollernschen Blättern und dem oppositionell, katholisch gesinnten Zoller.
Die vorliegende Abhandlung versteht sich nur als Annäherung an das Thema, da die
umfangreichen Materialien im Staatsarchiv in Sigmaringen noch der Ausarbeitung harren
. Es sind regierungsamtliche Quellen zu den Schulen und die Personalakten der
Lehrer bis über die Weimarer Zeit hinaus. Umfangreich sind die Tabellen im Anhang
des zweiten Teils, die die Probleme und Leistungen des Staates sowie der Gemeinden
wie auch die Größen der Schulen in Zahlen ausdrücken. Sie sind die Bearbeitungen der
Zahlenwerke, welche die Doktoren Schneider und Petersilie zwischen 1886 und 1888
erstellten.4 Die Interpretation derselben muss weitgehend dem Leser überlassen bleiben
. Umfangreich sind die behördlichen und „geistlichen" Auslassungen über die Lesebücher
an den Volksschulen, wobei das kirchliche Hauptaugenmerk auf den Umfang
und Gehalt der Lesestücke gelegt wurde. Es interessierte das Ordinariat in Freiburg,
ob vor allem ein religiöser Tenor in den Texten zum Ausdruck kam. Hier bietet es sich
wahrlich an, der Schulentwicklung vor Ort und in Hohenzollern nachzugehen.
1. ALLGEMEINER TEIL
a) Schule und politischer Geist in fürstlich-hohenzollerischer
Zeit zwischen 1809 und 1850
In welcher Weise sich die Elementarschulen in Hohenzollern den Menschen gegenüber
zeigten, bestimmte nahezu dauerhaft die Schulordnung von 1809 für Hohenzollern-
Sigmaringen. Diese Ordnung behielt ihre wesentliche Gültigkeit bis weit in die preu-
2 J[osef] Bailer: Sammlung der Gesetze und Verordnungen über das Elementar-Schulwesen in den Hohenzollernschen
Landen. Sigmaringen 1864.
3 Brockhaus' Konversations-Lexikon. 14. vollständig neubearbeitete Auflage in 16 Bänden und einem
Supplementsband. Leipzig - Berlin - Wien 1893-1897, Bd. 13 (1895), S. 396.
4 Das gesammte Volksschulwesen im preußischen Staate im Jahre 1886. Mit einer einleitenden Denkschrift
von Dr. K[arl] Schneider und Dr A[lwin] Petersilie. Berlin 1889 (Preußische Statistik 101).
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