Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
51/52(136/137).2015/16
Seite: 222
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Rolf Vogt

darmerie und Ortspolizei machten sich an die Arbeit.165 Veranstaltungen der Deutschen
Friedensgesellschaft galten im Juli 1918 als unerwünschte Propaganda für den internationalen
Pazifismus und waren auf Anordnung des Generalkommandos gegebenenfalls
aufzulösen.166 Käthe Böhringer, eine Adventistin aus Tübingen, wurde im August 1918
in Hechingen unter dem Vorwurf der Wehrkraftzersetzung verhaftet. Sie habe Soldaten
zum Abfall zu bewegen versucht, meldeten die Hohenzollerischen Blätter.167

Um Presse und Flugblattverteilung zu kontrollieren, richteten die Stellvertretenden
Generalkommandos Oberzensurstellen ein, die schon 1915 in Kriegspresseämter umbenannt
wurden. Das für Hohenzollern zuständige Kriegspresseamt des XIV. Armeekorps
in Karlsruhe beobachtete die Berichterstattung, verfasste Weisungen und organisierte
Informationstagungen. In den „Instruktionsstunden", so erinnerte sich zehn
Jahre später der Hechinger Verleger Friedrich Wallishauser, wurde erklärt, „über welche
Tatsachen nichts gesagt werden" durfte, und in der Redaktion seien „alle paar Tage
" Schreiben aus Karlsruhe mit neuen Zensurvorschriften eingegangen.168 Trotzdem
empfand er es im März 1918 offenbar als Ehre, zu einer Pressevorführung des Kriegspresseamts
nach Karlsruhe eingeladen zu werden. Er berichtete, den Pressevertretern
sei die militärische Lage als glänzend dargestellt worden, so dass Hoffnungen auf den
Endsieg bestünden.169

165 StAS Ho 13 (Oberamt Hechingen) T1 Nr. 994: Gesellschaften und Vereine, öffentliche Aufzüge, Prozessionen
, Versammlungen, Reichsvereinsgesetz (1848-1938). - Stadtarchiv Hechingen A200 Reg.
Nr. 6200: Vereins-Verhandlungen - politisch (1917-1919). - Der Hechinger Oberamtmann hatte bei der
Überwachung von Veranstaltungen eine vergleichsweise einfache Aufgabe. Er konnte mehrmals Fehlanzeige
melden - es gab keine.

166 StAS Ho 235 (Preußische Regierung Sigmaringen) T3 Nr. 404: Politische Polizeiangelegenheiten
(1895-1924).

167 Hohenzollerische Blätter Nr. 189 vom 19.8.1918. - Auf die Verhaftung Käthe Böhringers reagierte
der Vorsteher der Württembergischen Vereinigung der Adventisten, Eugen Gugel, mit der im Stuttgarter
Neuen Tagblatt am 26. September 1918 verbreiteten Erklärung, dass die Adventisten Kriegsdienstgegner
aus ihrer Gemeinschaft ausgeschlossen hätten. Exkommunizierte Adventisten hatten in Stuttgart eine freie
Gemeinde gebildet, siehe Helmut Welker: Drei Jahre im Untergrund - Das Zeugnis des Johannes Rau-
ser. www.reform-adventisten.net 19.05.2014 (Abfrage 19.9.2014).

168 100 Jahre Hohenzollerische Blätter 1829-1929. Jubiläums-Nummer, 3. Oktober 1929, S. 27. - Akten
des Kriegspresseamts Karlsruhe in: GLAK456 F8 (Stellvertretendes Generalkommando XIV. Armeekorps
) Nr. 309-327. - Eine Sammlung von Rundschreiben und Anweisungen des Stellvertretenden Generalkommandos
auch in: StAS FAS Sa (Fürstlich Hohenzollernsches Haus- und Domänenarchiv, Sammlungen
) Nr. 376/01: Heimatfront (1915-1918); Nr. 376/02: Pressezensur (1917-1918); Nr. 918:
Pressezensur im Ersten Weltkrieg (1918-1919). - Die Sigmaringer Sammlung entstammt der privaten
Kriegssammlung des Fürstlich Hohenzollernschen Archivars Dr. Gustav Hebeisen, vgl. Hamann: Propaganda
von Rio bis Sigmaringen (wie Anm. 12). - Zensur und Überwachung erreichten im Kaiserreich und
im Ersten Weltkrieg nie den Stellenwert, den sie später und in der Gegenwart erreicht haben. Der Einfluss
der Kriegspresseämter war nach heutiger Ansicht begrenzt, weil zivile Reichs- und Staatsbehörden eigene
Interessen in der Pressepolitik verfolgten, siehe Wilhelm Deist: Militär, Staat und Gesellschaft. Studien
zur preussisch-deutschen Militärgeschichte. München 1991 (Beiträge zur Militärgeschichte 34), S. 153-163
(Nachdruck 2009). - Zur Bildzensur vgl. Doris Muth: Das Bild des Krieges auf der Postkarte. Anmerkungen
zu Funktion, Motiven und Ikonografle von Feldpostkarten. In: Grüße von der Front (wie
Anm. 13), S. 7-19, hier S. 10.

169 Hohenzollerische Blätter Nr. 65 vom 18.3.1918.

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