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Rolf Vogt
Ein vorbehaltloses Treuebekenntnis
steht am Ende des Kaiserreichs in Hohen-
zollern. Am 3. November 1918, nicht einmal
eine Woche vor der Revolution, wurde
die Handelskammer Hohenzollern
gegründet. Industrie und Handel insbesondere
im hohenzollerischen Unterland
drängten seit Jahren auf einen eigenen
Verband. Ihre Interessen nahm bislang die
Zentralstelle des Vereins zur Beförderung
der Landwirthschaft und der Gewerbe
wahr, deren Vorsitzender Regierungspräsident
Graf Brühl war. Noch im Frühjahr
1918 sah es so aus, als ob sich daran nichts
ändern würde, doch dann bewegte sich
das Handelsministerium in Berlin und
verfügte die Ausweitung des Geschäftsgebiets
der Handelskammer Frankfurt mit
einer selbstständigen Geschäftsstelle in
Hohenzollern. Die Eröffnungssitzung
fand mit einem Festakt im Reformrealgymnasium
in Hechingen statt. Auf Vorschlag
des stellvertretenden Geschäftsführers
Friedrich Wallishauser verfassten die
Unternehmer und Fabrikanten ein Huldigungstelegramm
. Sie hätten die Handelskammer in dieser neuen Zeit in monarchischer
Treue und fester Staatsgesinnung begründet [..], daraus Heil und Segen für jeden Einzelnen
wie für das Vaterland erwartend, entboten sie ihrem Kaiser und König den ehrerbietigsten
Gruß. Wilhelm II. ließ drei Tage später aus seinem Hofzug für das Gelöbnis
der Treue zu Kaiser und Reich vielmals danken. Unterschrieben war das Telegramm
von Kabinettsrat Clemens von Delbrück, den Wilhelm im Oktober zum Chef seines
Geheimen Zivilkabinetts ernannt hatte. Wilhelm bat die Unternehmer, im starken Vertrauen
auf die innere Kraft unseres Volkes alle Kräfte in dem schönen Stammland der
Hohenzollern zum Wiederaufbau der heimischen Wirtschaft zusammenzufassen.
Wiederum drei Tage später setzte er sich mit dem Hofzug nach Holland ab.
Philipp Longard, Oberamtmann in Sigmaringen
(Vorlage: Hohenzollerisches Landesmuseum 84/
936 h).
212
10. STIMMUNGSWANDEL
Alle Treueschwüre aus Hohenzollern täuschen nicht darüber hinweg, dass die Stimmung
in der Bevölkerung während des Kriegs mehr und mehr sank und am Ende einen
Tiefstand erreichte, der nur noch wenig Mobilisierungspotenzial für das Kaiserreich
bot.
212 Hohenzollerische Blätter Nr. 254 vom 4.11.1918, Nr. 256 vom 6.11.1918, Nr. 257 vom 7.11.1918.
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