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Xaver Henselmann (1881-1918)
von Feldpost oder dienstlichen Vorlagen,82 beim Kartenspiel,83 beim Singen und Musizieren
,84 an Weihnachten 1915 um einen winzigen Weihnachtsbaum versammelt.85
Dann auch Soldaten in der Etappe bei einer Theateraufführung in einer leergeräumten
Fabrikhalle.86
Sich selbst porträtiert Xaver Henselmann 1915 als einfachen Gefreiten in der Serie
Semper item (Immer auf gleiche Weise) und Semper idem (Immer derselbe): Mal als
vollbärtiger Landser87 oder als eiliger Maler mit der Kriegsstaffelei auf dem Rücken,
mal als Lastenträger oder mit wuchtigem Vorschlaghammer, mal als Wagenlenker, dann
ironisch auch als Aufschneider (beim Brotschneiden) oder als Übermensch (auf dem Telegrafenmasten
).88
Zustimmen kann man, wie Hermann Anton Bantle, Kunstmaler aus Straßberg, später
die Landschaftsbilder Xaver Henselmanns beschreibt: Ergreifend sind die schlichten
, wahrhaften und immer sorgsam behandelten Dorf- und Landschaftsbilder aus
Feindesland. Wie frisch leuchtet der Schnee auf den Rein, wie düster rauscht der Herbstwind
durch die Pappeln, wie sehnsüchtig stiehlt sich ein Stückchen Heimat auch hier
und dort in die Landschaft der Fremde hinein?9 Bei einer Reihe von Landschaftsbildern
im Sundgau, auffällig im Sommer und Herbst 1915, wähnt man sich im tiefsten
Frieden, ja man glaubt etwa beim Blick auf die Burgundische Pforte auch Henselmanns
Erinnerungen an italienische Traumlandschaften zu erkennen.90
Doch zumeist ist man direkt mit dem Geschehen und Verlauf des Krieges konfrontiert
. Durch fruchtbares Bauernland und Bauerndörfer ziehen sich Drahtverhaue,
Schützengräben, Schutzbarrieren und Unterstände.91 Xaver Henselmann betitelt einen
Pflug in einer detailgenauen Zeichnung: Der Einsame92 offensichtlich eine Metapher
für die Verwandlung von Ackerfeld in Schlachtfeld - auch eine Vorahnung auf eklatante
Versorgungsprobleme. In einer Landschaftskizze, im Hintergrund die Vogesen, ist ein
stattlicher Baum durch ein Artilleriegeschoss „gefällt" worden; Xaver Henselmann
schreibt dazu: Kugeln kamen geflogen, adieu, adieu!93 Henselmann hält die Zerstörung
von Bauernhöfen und Dörfern im Frontgebiet fest; die Bewohner fliehen oder werden
ausgewiesen. In einigen Bildern lässt Henselmann die Bäume „brennen" - und den
Betrachter daran teilhaben, wie sehr ihn der Krieg mit seinen Folgen entsetzt und belastet
.94
82 StAS FAS Sa A 7 T1 Nr. 579, Nr. 597, Nr. 598, Nr. 602, Nr. 603, Nr. 608, Nr. 609.
83 StAS FAS Sa A 7 T1 Nr. 660, Nr. 661, Nr. 732.
84 StAS FAS Sa A 7 T1 Nr. 601.
85 StAS FAS Sa A 7 T1 Nr. 596, Nr. 722.
86 StAS FAS Sa A 7 T1 Nr. 655, Nr. 656.
87 Selbstbildnis Xaver Henselmanns, Semper idem, 1915, Bleistift auf Papier, in Originalrahmen, im Besitz
von Adalbert Kienle.
88 StAS FAS Sa A 7 T1 Nr. 218 sowie Nr. 604 {Der Aufschneider).
89 Nachruf auf Xaver Henselmann in der Hohenzollerischen Volkszeitung (FAS Sa A 7 T1 Nr. 734).
90 Exemplarisch StAS FAS Sa A 7 T1 Nr. 687, Nr. 689, Nr. 690, Nr. 694.
91 Exemplarisch StAS FAS Sa A 7 T1 Nr. 639, Nr. 683, Nr. 684.
92 StAS FAS Sa A 7 T1 Nr. 617.
93 StAS FAS Sa A7T1 Nr. 616.
94 Exemplarisch StAS FAS Sa A T1 Nr. 688, Nr. 685.
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