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Adalbert Kienle
Leuchtkugeln steigen auf - nach einer Weile
Verglimmt die Glut - und findet ins Nichts zurück
So lieber Leser, halt's in deinem Teile
Versteh den Scherz - er dient dem Augenblick.
Im letzten vorliegenden Feldpostbrief des Stuttgarter Freundes Robert Bayer klagt dieser
- erst im vierten Kriegsjahr als Soldat eingezogen - über eine blödsinnige Beschäftigung
als »Schreiber" weitab vom Kampfgeschehen und fragt den Frontkämpfer Hen-
selmann, wie es eigentlich in persönlichen Dingen geht: Braut - Heimat - Friedet
Die letzte Feldpost von Xaver Henselmann an die Eltern und Geschwister in Laiz
datiert vom 8. März 1918: Während meines Fronturlaubs ist mein Vermessungskommando
aufgehoben worden. Ich stehe deshalb als Zugführer wieder in vorderster Li-
nie.109 Im Abschnitt Wattwiller am anhaltend heftig umkämpften Hartmannsweiler-
kopf wird Xaver Henselmann bei einer Patrouille am 9. Juni 1918 durch ein
Infanteriegeschoss schwer verwundet und verstirbt noch am selben Tag im Feld-Lazarett
im nahegelegenen Ensisheim.110
BEWAHRUNG DES KÜNSTLERISCHEN NACHLASSES
Xaver Henselmann gehört zu den wenigen Gefallenen des Ersten Weltkrieges, die in
die Heimat überführt werden. Im Zinksarg mit einer kleinen Glasscheibe wird er am
17. Juni 1918 in Laiz beerdigt.111
Im Herbst 1918, wenige Tage vor dem Waffenstillstand, organisiert ein Freundeskreis
in der Handwerkskammer Sigmaringen eine kleine Ausstellung über das künstlerische
Werk von Xaver Henselmann. Der in Straßberg geborene Künstler Hermann
Anton Bantle würdigt den Gefallenen in zwei ausführlichen Berichten in der Hohen-
zollerischen Volkszeitung Sigmaringen: Das Leben fing für ihn ja erst an, als der Krieg
anstand. Mit wenig mehr als 30 Jahren hatte Henselmann die ganze deutsche Architektenwelt
auf sich gelenkt [...]. Er gehörte nicht zu den stürmischen Neuerern, die nur von
sich selbst lernen wollen. Anklänge an Messel, Tiersch, Muthesius fehlen nicht bei seinen
letzten großen Entwürfen, die ihm manchen Preis einbrachten [...]. Was er als Soldat
geleistet, beweist seine Ernennung zum Offizier. Was er als Künstler im Krieg gesehen,
zeigen eine Anzahl seiner Studienblätter, die tiefes Schauen mit feinster Formgebung
verbinden [...].112
Im Herbst 1932 wendet sich der in Bittelschieß geborene und in Rottenburg als Gewerbeschulrat
tätige Karl Neusch (1892-1951) an die Geschwister Henselmann, näm-
108 Feldpostbrief Robert Bayers an Xaver Henselmann vom 2.9.1917 (StAS FAS Sa A 7 T1 Nr. 74).
109 Feldpost Henselmanns an die Eltern, 8.3.1918; zitiert nach Bumiller, Materialsammlung (wie
Anm. 4).
110 HStAS M 430/3 BÜ4536 (Personalbogen Xaver Henselmann).
111 Foto vom Grab Xaxer Henselmanns nach der Beerdigung im Besitz von Konrad Kienle.
112 Nachruf auf Xaver Henselmann in der Hohenzollerischen Volkszeitung (StAS FAS Sa A7 Tl
Nr. 734).
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