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Christine Dölker
Zwischen 1908 und 1914 beteiligte sich Henselmann nach derzeitigem Kenntnisstand
an 21 Architekturwettbewerben (sog. Konkurrenzen) im In- und Ausland. In
manchen Fällen reichte er zwei Entwürfe pro Wettbewerb ein - was in der Branche
nicht unüblich war.
Zu dem 1908 in Sigmaringen ausgelobten Wettbewerb zur Errichtung eines Denkmals
zu Ehren des verstorbenen Fürsten Leopold waren alle deutsche[n] Künstler ohne
Rücksicht auf ihren Aufenthaltsort im In- oder Auslande3 zugelassen. Henselmann
beteiligte sich von Zürich aus und reichte zwei Entwürfe ein.
1. ERSTER WETTBEWERB: FÜRST LEOPOLD-DENKMAL,
SIGMARINGEN (1908)
1.1 Die Standortfrage
Bereits 1905, kurze Zeit nach dem Tod des Fürsten Leopold, hatte sich ein aus angesehenen
Bürgern der Stadt Sigmaringen bestehendes Lokalkomitee formiert. Dieses wurde
um ein weiteres Komitee zahlreicher Persönlichkeiten des In- und Auslandes verstärkend
ergänzt. Zu ihnen zählten der Architekt und Stadtplaner Professor Theodor
Fischer (1862-1938), der damals noch an der Technischen Hochschule in Stuttgart lehrte
, und der Münchener Bildhauer Professor Josef Flossmann (1862-1914). Fischer und
Flossmann erstellten im Juni 1906 ein Gutachten, das sich vor allem mit dem zu wählenden
Standort und der damit verbundenen Frage des Denkmaltypus beschäftigte. Da
die Form des Denkmals zu diesem Zeitpunkt noch offen war, verwarfen die Gutachter
die Idee, das Denkmal am Kavalierbau (Wilhelmsbau) in unmittelbarer Nähe zum
Standbild des Fürsten Karl Anton zu errichten. Weitere Standorte wurden ebenso ausgeschlossen
, u. a. das Areal hinter der Allee auf der Höhe des Bahnhofes, der Mühlberg,
ein Platz bei der Gedächtniskirche (Hedinger Kirche), die Karlstraße und der Karlsplatz
(heute: Leopoldplatz): Der Karlsplatz scheint uns eine, wenn auch nicht künstlerisch
hochstehende, so doch ganz karakteristische Anlage zu sein. In Besonderheit ist das
Denkmal des Fürsten Karl der Umgebung sehr gut angepaßt. Wir glauben, daß eine
sorgfältige gärtnerische Behandlung des Platzes allen berechtigten Ansprüchen Genüge
leisten könnte. Eine Umgestaltung des Platzes in Verbindung mit der Aufstellung des
Denkmals des Fürsten Leopold hätte wenig Aussicht bessere Resultate zu Tage zu fördern
; da die Grundlage eben nicht günstig ist für derartige Lösungen. Das Denkmal etwa
an die Karlsstraße zu stellen, welche, soweit davon gesprochen werden kann, wohl
doch die Basis des Platzes sein dürfte, geht deshalb nicht an, weil das gegenüberliegende
fürstliche Palais in keiner Weise mit der Achse des Platzes zusammengeht. Es bliebe
also nur die Platzmitte, für welche nach unserer Anschauung aber in dem vorhandenen
Fürst Karlsdenkmal nach Umfang und Form die beste Lösung schon gefunden ist.4
3 Nähere Bestimmungen zur Errichtung eines Denkmals für Weiland den Fürsten Leopold von Hohen-
zollern in Sigmaringen, 1908 (StAS Dep. 1 T3-4 Nr. 72).
4 Gutachten von Theodor Fischer und Josef Flossmann betr. die Aufstellung eines Denkmals des Fürsten
Leopold in Sigmaringen vom 22.6.1906 (StAS Dep. 1 T3-4 Nr. 72).
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