Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
51/52(136/137).2015/16
Seite: 280
(PDF, 88 MB)
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Christine Dölker

2. NEUE HERAUSFORDERUNG:

WARENHÄUSER IN KÖLN (1911) UND NÜRNBERG (1913)

2.1 Neue Architekturformen für ein verändertes Konsumverhalten

Bauvorhaben wie das des Warenhauskönigs Leonhard Tietz zeugten zu Beginn des
20. Jahrhunderts von einer spektakulären Erfolgsgeschichte, die im 19. Jahrhundert ihren
Anfang genommen hatte, denn mit der Industrialisierung kam es nicht nur zu einer
Verstädterung der Gesellschaft, sondern auch zu einem veränderten Konsumverhalten.
Das aus der vorindustriellen Zeit überkommene Prinzip der Selbstversorgung war
nicht länger umsetzbar und ließ in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Einzelhandelsgeschäfte
wie Pilze aus dem Boden schießen, welche die (industriell gefertigte) Ware
feil boten. Problematisch war dabei jedoch, dass die Konkurrenz groß war, dass diese
Geschäfte nur geringe Einkaufsmengen umzusetzen vermochten, die Preise für
selten nachgefragte Ware relativ hoch waren und mit dem Kunden - welcher oftmals
durch Anschreiben, das heißt auf Pump, einkaufte - individuell verhandelt wurden.
Einzelne Unternehmer wie Abraham Wertheim (1819-1891) und die Brüder Leonhard
und Oscar Tietz gründeten ab Ende der 1870er-Jahre Kaufhäuser nach englischen und
französischen Vorbildern. Nicht nur die kontinuierliche Erweiterung der Warenpalette
, sondern auch die Einführung fester, maßvoll gehaltener Preise sowie die Auszeichnung
sämtlicher Waren, Kulanz bei Beanstandungen, Stimulanz durch aufwändige Dekoration
und intensive Reklamemaßnahmen begründeten den Erfolg und die daraus
resultierende Investition in weitere Filialen.32 Die Wachstumsphase der 1890er Jahre
brachte den neuen Bau typ des prunkvollen mehrstöckigen, lichtdurchfluteten Warenhauses
hervor. Auch wenn der Begriff , Warenhaus' erst im 20. Jahrhundert üblich
wurde, so sollten die während des 19. Jahrhunderts weltweit in Großstädten errichteten
Kaufhäuser sich in ihrer Konzeption als wegweisend für die Warenhäuser des
20. Jahrhunderts herausstellen: Lichthöfe, Verbindungsbrücken, Treppen (später Rolltreppen
) und Aufzüge. In Deutschland sollte sich vor allem Alfred Messels33 Warenhaus
Wertheim, das zwischen 1896 und 1906 in mehreren Bauabschnitten für die A.

hauskonzern ausgebaut. Oscar (1858-1923), sein jüngerer Bruder, sollte 1882 gemeinsam mit Onkel Hermann
Tietz (1837-1907) den gleichen Weg beschreiten und die Hermann Tietz AG begründen. Die Leonhard
Tietz AG wurde im Juli 1933 arisiert und in Westdeutsche Kaufhof AG umbenannt. Der Konzern des
Bruders wurde ebenfalls arisiert und in Hertie umbenannt. Beide Unternehmen blieben nach dem Zweiten
Weltkrieg als GALERIA Kaufhof AG (seit 2008 GmbH) bzw. als Hertie Waren- und Kaufhaus GmbH
(bis zur Übernahme 1994 durch die Karstadt AG) in den Geschäftsstraßen der Großstädte wichtige Umschlagplätze
. Zur Vita von Leonhard Tietz sowie zur Firmengeschichte bis 1914 vgl. Nils Busch-Peter-
sen: Leonhard Tietz. Fuhrmannssohn und Warenhauskönig - von der Warthe an den Rhein. Berlin 2014
(Jüdische Miniaturen 92).

32 Vgl. Wolfgang J. Mommsen: Bürgerstolz und Weltmachtstreben. Deutschland unter Wilhelm II. 1890
bis 1918. Berlin 1995 (Propyläen Geschichte Deutschlands 7, 2), S. 45-48.

33 Zur Vita Alfred Messels (1853-1909) vgl. Günther Kühne: Messel, Alfred. In: Neue Deutsche Biographie
17 (1994), S. 211-213. (Onlinefassung: http://www.deutsche-biographie.de/pndll6914009.html,
eingesehen am 26.2.2015).

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