Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
51/52(136/137).2015/16
Seite: 315
(PDF, 88 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2015-16/0323
PAUL MÜNCH

Aufenthaltsrecht auch für Zigeuner} - Der Sonnenwirt und
die Vertreibung reisender Händler, Handwerker und Musiker
aus Bisingen-Steinhofen im Jahre 1938

Steinhofen im Zollernalbkreis war bis zur Eingemeindung nach Bisingen am 1. April
1938 eine politisch selbständige Gemeinde, ausgezeichnet durch seine Lage an der
wichtigsten Nord-Südachse der Region, der heutigen B 27, hervorgehoben als zentraler
Pfarreisitz des „Kirchspiels", dem die benachbarten Orte bis in die zweite Hälfte
des 19. Jahrhundert hinein untergeordnet waren.

Die Steinhofener gelten, wenn es darum geht, sie mit einem Necknamen zu charakterisieren
, als „Zigeuner", ein Spottname, den die Bisinger gegenüber ihren Nachbarn
bis heute im Munde führen - nicht ohne Herablassung.1 Man nimmt das gelassen hin
und schickt seit ca. 1950 selbstironisch in der Fastnachtszeit eine 50 bis 60-köpfige Zigeunergruppe
zu Umzügen in der näheren und weiteren Umgebung.2 Zu deren Grundausstattung
gehören lautes Geschrei, besondere Kleidungsstücke und Gegenstände, die
man für „zigeuner"-typisch hält.3 Mit ihrem Auftreten will der TSV Steinhofen als Organisator
der Gruppe daran erinnern, dass in den früheren Jahren in und um Steinhofen
viele Zigeuner lagerten.

Die wirkliche, nicht karnevalistisch abgemilderte Geschichte der Steinhofener „Zigeuner
", die zu deren Vertreibung führte, ist nur noch den ältesten Bewohnerinnen und
Bewohnern des Ortes in Erinnerung. Manche ließen den altgierigen Historiker freundlich
daran teilhaben, andere hätten das Thema am liebsten aus dem Gedächtnis gestrichen
.4 Die mittlere und jüngere Generation, die an Fastnacht freundliche „Zigeuner"

1 Natürlich schwäbisch artikuliert: Zigeiner. Früher verspottete man die Steinhofener als Loableszweck
oder Sauköpf. - Vgl. Hugo Moser, Schwäbischer Volkshumor. Neckereien in Stadt, Land von Ort zu Ort.
Stuttgart 21981, S. 316 u. S. 448.

2 Vgl. hierzu: http://www.tsv-steinhofen.de/fasnet/ (Zugriff: 20.11.2015).

3 Wörtlich: „a reacht lautes Gschroi, schwarze Hoor (echt odr g'ferbt), a weiss Bliesle odr a Schees weis-
sas Hemad, a Schulderduach bei dr Fraua, a bonder Rock, aide Schuah, aber schee putzad, fler d'Fraua a
Gradda mit Schwarzwuscht, Baurabrod ond Schnaps ond fler Männr mendestens an Koffr (fler de wichti-
ga Sacha) ond a Spazierstock".

4 Ich widme den Beitrag dem Andenken der unvergessenen Hechinger Völkerkundlerin Irmgard Bumil-
ler, die bis zu ihrem frühen Tod (2009) an der Erforschung der Geschichte der Sinti in Württemberg und
Hohenzollern gearbeitet hat. Als sie darüber am 7. Oktober 1993 in Bisingen-Steinhofen einen in der Presse
bereits angekündigten Vortrag halten wollte (Hohenzollerische Zeitung vom 29.9.1993), stieß dieses
Vorhaben auf Widerstände in der Bevölkerung. Die Veranstaltung wurde kurzfristig abgesagt, weil alte
Gräben nicht wieder aufgerissen werden sollten, so zwanzig Jahre später ein Zeitzeuge. Am 15. Mai 2015

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