Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
51/52(136/137).2015/16
Seite: 323
(PDF, 88 MB)
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Aufenthaltsrecht auch für Zigeuner?

2. DISKRIMINIERUNG UND VERFOLGUNG

Wie haben wir uns die Fremden, deren Auftreten seit dem 15. Jahrhundert in Deutschland
beschrieben wurde, vorzustellen?29 Ein Bild aus der Chronik der schweizerischen
Stadt Spiez von Diebold Schilling dem Älteren, die um 1484/85 entstanden ist, soll einen
ersten Eindruck vermitteln (vgl. Abb. S. 324).30 Es stellt die Ankunft einer exotisch
aussehenden Menschengruppe vor der Stadt Bern dar. In der Überschrift lesen wir Won
den swartzen getouften beiden, die miteinander gen Bernn kument. Das Bild der
„schwarzen getauften Heiden" ist kein Schreckbild. Die dargestellten Personen tragen
als getaufte Christen eine helle Hautfarbe und sind im Stil der Zeit elegant westlich gekleidet
, allerdings mit turbanartigen Kopfbedeckungen, die auf ihre orientalische Herkunft
verweisen. Uberzeugend dargestellt ist auf dem Bild der enge Zusammenhalt der
von Männern angeführten Gruppe, die dicht zusammengedrängt auftritt. Den Zeitgenossen
fiel auf, dass Zigeuner meist in kleineren oder größeren Verbänden aus Männern
, Frauen und Kindern unterwegs waren. Sie hatten Anführer, die sich Herren, Grafen
, Herzöge, Woiwoden oder gar Könige nannten. So erschienen sie den Zeitgenossen
zunächst keineswegs als ausgegrenzte Parias, sondern als angesehene, Respekt heischende
Leute.

Mitunter konnten solche Zigeunergruppen herrschaftliche Geleitbriefe und Privilegien
vorweisen, mit Anspruch auf freien Zug, sicheren Aufenthalt und Schutz. Die Zigeuner
, denen man immer wieder Gottlosigkeit vorwarf, unterschieden sich bald auch
konfessionell nicht mehr von den einheimischen Deutschen. Sie waren in der Regel getaufte
Heiden, also Christen. Sofern sie als „Ägypter", das heißt als büßende Pilger auftraten
, konnten sie Almosen beanspruchen. Man scheint sie aufgrund ihres Verhaltens
anfänglich durchaus als Glieder des vertrauten sozialen, religiösen und kulturellen Systems
akzeptiert zu haben. Büßende Pilger gehörten zum Alltag jener Zeit. Auch das
Auftreten in Gruppen war eine gewohnte Erscheinung. Schüler, Studenten, Handwerksgesellen
, reisende Händler und Bettler zogen aus Sicherheitsgründen nicht einzeln
, sondern in kleineren oder größeren Gruppen durch die Lande. Wo sich die Zigeuner
den eingespielten Lebensformen der von ihnen durchzogenen Länder
anpassten, wurden sie von der einheimischen Bevölkerung meist auch akzeptiert. Doch
das sollte sich rasch und einschneidend ändern.

Etwa ein Jahrhundert nach ihrem ersten Auftreten verdüsterte sich das Image der
Zigeuner. Ursache waren die Vorstöße der Osmanen auf dem Balkan, die bereits die
Reichsgrenzen bedrängten. 1453 hatten die Türken Konstantinopel eingenommen,
1529 standen sie vor Wien. In dieser Situation bezichtigte man die Zigeuner, die aus
Kleinasien zugewandert waren, der Spionagetätigkeit für die Osmanen. Sie seien, hieß
es 1498 in einem Abschied des Freiburger Reichstages, Erfarer, Ausspeer und Verkunt-

29 Vgl. zum folgenden knappen Uberblick Joachim S. Hohmann: Geschichte der Zigeunerverfolgung in
Deutschland. Frankfurt/New York 1981. - Michael Zimmermann: Büßer, Müßiggänger, Zöglinge und
niedrigste Classe der Indier Zigeunerbilder und Zigeunerpolitik zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert.
In: Uwe Meiners/Christoph Reinders-Düselder (Hgg.): Fremde in Deutschland - Deutsche in der
Fremde. Schlaglichter von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart. Cloppenburg 1999, S. 79-87.

30 Burgerbibliothek Bern, Mss. h. h. 1.16, S. 749 (Foto: Codices Electronici AG, www.e-codices.ch).

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