http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2015-16/0343
Aufenthaltsrecht auch für Zigeuner?
stand, wie man damals sagte. Zigeuner wählten gerne hochgestellte Persönlichkeiten als
Paten, um sich reiche Geschenke und die mit einer Patenschaft verbundenen sozialen
Vorteile zu verschaffen. Obwohl sie dafür kritisiert wurden, verhielten sie sich hierbei
nicht anders als die einheimische Bevölkerung.65 Zahlreich sind auch die Belege für
mildtätige Almosen, Nahrungs- und Kleiderspenden, die den Zigeunern gereicht wurden
.
Hintergrund vieler solcher Kontakte war sicher die Tatsache, dass Zigeuner mit ihren
speziellen beruflichen Fertigkeiten lange Zeit Bedürfnisse erfüllten, die sonst nur
schwer zu befriedigen waren, zumal auf dem Lande. Zigeuner handelten mit verschiedenen
Klein- und Kurzwaren, mit Stoffen, Bändern, Glas und Tonwaren, die man oft
nur über sie erwerben konnte. Andere arbeiteten als Sieb- und Korbflechter, als Kesselschmiede
und Pfannenflicker, auch als Schausteller, Musiker und Geigenhändler.66
Solche handwerklichen Dienstleistungen waren vor 100 Jahren auf dem Land noch
65 Vgl. etwa Adalbert Nagel: Armut im Barock. Die Bettler und Vaganten Oberschwabens. Weingarten
1986, S. 65. - D. Georg Paul Hönn: Betrugs-Lexicon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Ständen
, nebst denen darwider guten Theils dienenden Mitteln. Coburg 1761 (Facsimile-Ausgabe o. J.), S. 519.
66 Roma arbeiten in Südosteuropa teilweise bis heute in diesen Berufen. Vgl. das Foto von Edith Kirchmann
(Hechingen) auf dieser Seite.
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