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Aufenthaltsrecht auch für Zigeuner?
Über Klinks Motive seines Engagements für Fahrende und Zigeuner kann man nur
spekulieren. Dem Sonnenwirt ging es gewiss auch ums Geschäft. Wie hätte er ohne Gewinne
seine Steuern bezahlen können! ?105 Doch Klink antwortete, wenn ihm mit Blick
auf die Beherbergung von Zigeunern Eigennutz und finanzielle Interessen vorgehalten
wurden, es sei ihm immer darum gegangen, dem großen Mangel an bezahlbarem
Wohnraum abzuhelfen. 1935 führte er im Rückblick zu seiner Rechtfertigung aus: Was
mir an verfügbarem Gelde übrig blieb, legte ich an zur Linderung der Wohnungsnot u.
baute seit 10 Jahren 6x2 Zimmer u. 6x3 Zimmerwohnungen mit Zubehör aber nicht
etwa für Reiche nein für die ärmsten u. sogar kinderreichen Familien.106 Die Mieten habe
er deswegen von früher 30 bis 35 Mark auf 20 Mark und diejenigen von 25 Mark auf
18 bis 20 Mark gesenkt. Seine Gegner wollten das nicht glauben. Klink spiele sich nur
als Schutzengel auf, um die Zigeuner besser ausbeuten zu können. Tatsächlich würden
Eigennutz und finanzielle Interessen sein Handeln bestimmen. Dem hielt der Sonnenwirt
entgegen, ihn trieben Mitleid und Barmherzigkeit an. Er sei ein sozialer Mann, der
für die armen Leute sorge, die sonst auf der Straße lägen.107
Wer das liest, möchte Klink für einen engagierten Christen oder zumindest für einen
mitfühlenden Sozialisten oder Kommunisten halten. Tatsächlich war er nach eigenem
Bekenntnis 22 Jahre lang, wohl bis Anfang der 1930er-Jahre, Mitglied der Deutschen
Volkspartei, einer nationalliberalen Gruppierung der Weimarer Republik gewesen. Eine
eingetragene Mitgliedschaft in der KPD bestritt er, obgleich ihm das von vom Bit-
telbronner SA-Standartenführer Vinzenz Stehle unterstellt wurde.108 Seine politische
Einstellung nach 1933 bleibt unklar.109 Der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen hat
Klink anscheinend nie angehört, obwohl er vor und nach der Machtergreifung sehr aktiv
für die NSDAP eingetreten sein wollte.110 Dagegen spricht, dass er am 12. September
1933 wegen dauernder Stänkereien und Hetzereien und weil er Hitler einen gewöhnlichen
Zuchthäusler111 genannt habe, in Schutzhaft genommen und von Vinzenz
Stehle mit anderen Leidensgenossen aus Steinhofen und Thanheim für einen Tag ins
K.Z. auf dem Heuberg verschleppt wurde.112
Wer war Klink? Samariter oder Menschenausbeuter, raffinierter Geschäftsmann
oder ein Steinhofener Oskar Schindler? Der Sonnenwirt verhielt sich kaum anders als
105 Vgl. StAS Ho 13 T1 Nr. 826 (26.1.1935).
106 nein im Original doppelt unterstrichen!
107 Vgl. Gemeindearchiv Steinhofen, Nr. 561 (Schreiben des Steinhofer Bürgermeisters vom 16.3.1936 an
den Vorsitzenden des Kreisausschusses in Hechingen). - Ebd. (Schreiben des Steinhofener Bürgermeisters
an den Baiinger NSDAP-Kreisleiter vom 2.8.1937).
108 Vgl. StAS Ho 13 T1 Nr. 235 (Bericht des Landjägermeisters Bellgardt vom 27.9.1933).
109 Selbst die Untersuchung von Klinks politischer Orientierung durch die französische Militärregierung
vom 7.2.1947 brachte keine Klarheit. Die Beurteilung lautete: Er hat sich nationalsozialistisch betätigt.
Handschriftlich ist aber ein nicht eingefügt, was das Urteil ebenso konterkariert wie die hinzugefügte Bemerkung
: Er war nicht Rg. (StAS Wü 13 T2 Nr. 1287/304).
110 Gemeindarchiv Steinhofen, Nr. 561 (undatierter Entwurf einer Stellungnahme des Kreisleiters Jo-
hannsen zum Gnadengesuch Klinks).
111 Vgl. StAS Ho 13 Tl Nr.235 (Bericht des Landjägermeisters Bellgardt vom 14.9.1933). - Vgl. auch
StAS Ho 13 T1 Nr. 1525 (Bericht des Lehrers Klaiber vom 17.8.1933).
112 Vgl. allgemein zur Verhaftungsaktion in Thanheim und Steinhofen Rolf Vogt: Nationalsozialismus
in Bisingen I-IV. In: Schwarzwälder Bote vom 14.-17.9.1993.
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