Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
51/52(136/137).2015/16
Seite: 348
(PDF, 88 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2015-16/0356
Paul Münch

jene vielen Unternehmer und Geschäftsleute, die Verfolgte des NS-Regimes gewinnbringend
beschäftigten, ihnen damit einen gewissen Schutz boten und vielleicht gar das
Leben retteten. Gegen einen solchen Vergleich mag manches sprechen, doch Klinks
Haltung verdient Respekt. Es gehörte großer Mut dazu, sich in der Zigeunerfrage völlig
gegen den Zeitgeist zu stellen und Partei für eine Minderheit deutscher Staatbürger
zu ergreifen, die von den Nationalsozialisten mit wachsendem Hass verfolgt, aber auch
von breitesten Bevölkerungsschichten ausgegrenzt wurden. Klink verknüpfte sein persönliches
Schicksal so sehr mit jenem seiner Schützlinge, dass am Ende, als die Zigeuner
vertrieben wurden, auch ihr Anwalt den Ort verlassen musste, weil ihm die Existenzgrundlage
genommen war und er für sich in Steinhofen keine Lebensperspektive
mehr sehen konnte.

Dies ist umso höher einzuschätzen, als in den Auseinandersetzungen um die Steinhofener
Zigeuner die Chancen höchst ungleich verteilt waren. Klink stand als Privatmann
gegen eine institutionell abgesicherte Phalanx von Behördenvertretern, von den
Dorfpolizisten über die Bürgermeister, den Hechinger Landrat bis hin zum preußischen
Regierungspräsidenten in Sigmaringen. Hinzu kamen die nationalsozialistischen
Parteichargen, von den örtlichen NSDAP-Mitgliedern und Parteiämtern bis zu den
NS-Kreisleitern Dr. Theodor Johannsen und Kurt Lüdemann.113 Seine örtlichen Widersacher
reichten freilich in mehrfacher Hinsicht an den Sonnenwirt nicht heran, etwa
der Dorfpolizist Fecker, der Klink, wie seine Schriftwechsel verraten, stilistisch und
intellektuell unterlegen war.114 Bürgermeister Andreas Fischer, der sein Amt seit November
1933 nur kommissarisch verwaltete, war von anderem Format, galt aber als
durchsetzungsschwach.115 Gegenüber den Steinhofener Behördenvertretern war der Bi-
singer Bürgermeister Hugo Maier, mit dem es Klink direkt allerdings nur noch in der
Schlussphase der Auseinandersetzung zu tun hatte, durchsetzungsstark und rücksichtslos
, ein strammer Parteisoldat, dem man Führergeschick und Führermut attestierte
.116 Maier stammte aus Winnenden, war nicht in sein Amt gewählt, sondern am
20. April 1934 vom Hechinger Landrat zum kommissarischen Bürgermeister ernannt
worden.117 Erst nach der Eingemeindung Steinhofens am 1. April 1938, die Maier mit
Nachdruck betrieb, amtierte er hauptamtlich als Bürgermeister von Bisingen. Tatsächlich
gelang es erst jetzt, die Zigeuner aus Steinhofen zu vertreiben.

Klink stand über Jahre aber nicht bloß im Streit mit Behörden- und Parteivertretern,
er handelte sich mit seinem Einsatz für die Zigeuner, von der Beherbergung bis zur ju-

113 Die Erforschung der örtlichen und regionalen NS-Strukturen stellen ein dringendes Forschungsdesiderat
dar.

114 Vgl. z.B. verschiedene seiner Schreiben an Klink im Jahre 1934 (Gemeindearchiv Steinhofen, Nr. 561).

115 Vgl. StAS Ho 13 T1 Nr. 335. - In Steinhofen war es seit der Bürgermeisterwahl am 2.4.1933 zu andauernden
erheblichen Streitereien gekommen, bis schließlich am 20.8.1933 Josef Fecker zum Bürgermeister
gewählt wurde. Weil Fecker wegen privater Probleme sein Amt nicht ordentlich führen konnte,
verlor er rasch die Achtung der Bevölkerung. Darauf bat der Landrat den 1. Beigeordneten Andreas Fischer
, bis auf Weiteres die Geschäfte kommissarisch zu führen.

116 Vgl. Hohenzollerische Blätter vom 30.4.1935.

117 Vgl. die hilfreiche Skizze von Otto Bogenschütz: Bürgermeister Hugo Maier. In: Nachrichtenblatt
Bisingen vom 11.7.2014, S. 12-13.

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