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Aufenthaltsrecht auch für Zigeuner?
ristischen Beratung, auch viele Feindschaften im Ort ein. Mit den anderen Steinhofener
Wirten, dem Kaiserwirt Andreas Fischer und dem Lammwirt Karl Haas, die selbst miteinander
konkurrierten, lag er mehrfach im Streit. Der katholische Pfarrer Nikolaus
Maier, der in Steinhofen von 1927 bis 1936 amtierte, hatte unter Klink zu leiden und beobachtete
das Zigeunertreiben in der ,Sonne' mit einigem Mißtrauen.118 Bei der Dorfbevölkerung
wurde Klink immer unbeliebter. Viele, insbesondere die Nachbarn der
,Sonne', fühlten sich durch die dort wohnenden und kampierenden Zigeuner stark belästigt
. Klink zog selbst den Neid der gesellschaftlich zu kurz Gekommenen auf sich,
die einen Sündenbock für ihre eigene Notlage suchten. Manche glaubten, die Zigeuner
brächten sie noch um ihre letzen Habe. Als der Sonnenwirt, gestützt auf das Zeugnis
der Lehrerin Elisabeth Wolter, zu sagen gewagt hatte, die Kinder der bei ihm hausenden
Zigeuner hätten keine Läuse, wohin gegen die einheimischen Kinder vielfach Läuse
hätten, brachte er das ganze Dorf gegen sich auf.119
5.2. Klinks Klientel
1933 begann der Sonnenwirt, neben seinen übrigen Mietern und Gästen auch reisende
Händler, die man gemeinhin Zigeuner nannte, in wachsender Anzahl bei sich aufzunehmen
. Dabei handelte es sich durchweg um deutsche Staatsbürger, die teilweise seit
Generationen im Lande lebten und ihren Lebensunterhalt als Wanderhändler, Wandergewerbetreibende
oder Musiker bestritten.120
Anfangs ließ Klink die reisenden Händlerinnen und Händler nicht im Gasthaus
wohnen, sondern erlaubte auf seinem Gelände nur das Aufstellen ihrer Wagen und das
Einstellen der Pferde.121 Im Juni 1933 nutzten dieses Angebot drei bis vier Zigeunerwagen
für zwei bis drei Wochen.122 Im Dezember machte die Familie Sebastian Reinhardt
aus Olbronn mit vier Personen und der Siebmacher Johann Schiessel aus Jagstzell
bei Klink Quartier.123 Sie wohnten in zwei Wagen und besaßen Wandergewerbescheine
der Sigmaringer Regierung. Sie wollten so lange bleiben, bis ihnen neue Wanderge-
118 Vgl. Pfarrarchiv Steinhofen, Vol. 65 (Anzeige Klinks, weil der Pfarrer seine Hühner in dem Klink gehörenden
Leppischen Garten und hinter Küche frei herumlaufen ließ [vgl. zur Lage dieser Grundstücke in
der Nähe der Kirche: Heimatbuch Steinhofen, Hechingen 1953, S. 65-67]). - Am 6. Januar 1936 vermerkte
der Pfarrer im Visitationsbericht für das Jahr 1935: Ein geschiedener Mann, der sich hei Klink - ,Sonne'
aufhielt, ging Ziviltrauung ein. Fahrende Leute, deren Religion ich nicht feststellen konnte (Pfarrarchiv
Steinhofen, Vol. 61).
119 StAS Ho 13 T1 Nr. 836 (Urteil wegen Beamtenbeleidigung vom 25.6.1936). - Der Schulbesuch der Zigeunerkinder
, der in diesem Rahmen nicht erforscht werden konnte, verdiente eine eigene Untersuchung.
120 Sie „Sinti" zu nennen, ist genau so irrig wie sie als „Sinti und Roma" zu bezeichnen, weil selbst die Nationalsozialisten
bei manchen nicht sicher waren, ob sie als „Zigeuner" zu klassifizieren seien. Vgl. Bauz/
Brüggemann/Maier, Geheime Staatspolizei (wie Anm. 8), S. 335 f., Anm. 104.
121 Abb. S. 350 zeigt einem Zigeuner mit Pferd. Vgl. zum Foto Anm. 9.
122 Vgl. StAS Ho 13 T1 Nr. 826 (Bericht des Oberlandjägers Titze vom 12.6.1933). - Laut Amtsblatt vom
5.1.1931 (S. 7) durften Zigeuner und nach Zigeunerart herumziehende Personen ihre Wagen nur für maximal
24 Stunden auf den von der Ortspolizeibehörde angewiesenen Plätzen aufstellen. Dies war eine Wiederaufnahme
alter Regelungen. Doch nun wurde zusätzlich verboten, sie privat unterzubringen.
123 Vgl. den Bericht des Landjägermeisters Bellgardt an die Landjägerei-Abteilung Hechingen vom
18.12.1933 (StAS Ho 13 T1 Nr. 826).
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