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Aufenthaltsrecht auch für Zigeuner?
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Titel eines Artikels der Hohenzollerischen Blätter vom 7. März 1936.
setzt gewesen waren, noch weniger sahen die Richter in den klagenden Händlern rassisch
minderwertige Menschen, sondern vollwertige deutsche Staatsbürger mit allen
Rechten und Pflichten.
In Hohenzollern, wo die staatlichen Stellen unterlegen waren, ließ man sich Zeit, die
Öffentlichkeit über die krachende Niederlage der örtlichen Nazis und Zigeunergegner
zu unterrichten. Erst vier Monate später, am 7. März 1936, räumten die Hohenzollerischen
Blätter endlich ein: Aufenthaltsrecht gilt auch für Zigeuner.
5.5. Zigeunerplage im Kreis Hechingen?
Das Urteil war ein Pyrrhussieg, der den Steinhofener Landfahrern kein dauerndes Bleiberecht
im Ort zu sichern vermochte. Noch weniger bedeutete es ein Ende der Verfolgungen
. Da es nicht gelungen war, die Zigeuner über die württembergische Grenze abzuschieben
, versuchte man nun, sie mit anderen Mitteln loszuwerden oder doch ihre
Bewegungsfreiheit einzuschränken. So verbot der Bisinger Bürgermeister Hugo Maier,
der in Steinhofen noch nicht unmittelbar tätig werden konnte, in seinem Amtsbereich
am 1. Februar 1936 den zehn Bisinger Wirten, Zigeuner zu beherbergen, Getränke und
Lebensmittel an sie abzugeben und in ihren Lokalen Zigeunermusiker auftreten zu lassen
.142 In Steinhofen ging die Hetze gegen Klinks ungeliebte Gäste ungemindert weiter.
Der Bürgermeister warf den Zigeunern vor, sie plünderten durch erhaltene Unterstützungen
, Sach- und Entbindungskosten die öffentlichen Kassen, der Bürgerschaft aber
entzögen sie mit ihren ständigen Betteleien Naturalien und Futtermittel.143 Die Presse
verschärfte die Stimmung, indem sie nun ungeniert die Rassenkarte zog und die Zigeunerplage
überdimensional vergrößerte. Am 18. Februar 1936 erschien in den Hohenzollerischen
Blättern ein Artikel, überschrieben Die Zigeunerfrage und die Zigeunerplage
in Steinhofen.144 Er gipfelte in der nicht belegbaren Behauptung, von den 700
Bewohnern Steinhofens seien 10%, also über 70Personen, Zigeuner. Der aus dem
Kirchspiel stammende, namentlich nicht genannte Autor, vertrat im Übrigen hanebüchene
, geradezu absurde Rassevorstellungen.145 Im Unterschied zum Urteil des Ober-
waltungsgerichts, das von der unzweifelhaften deutschen Staatsangehörigkeit der Zi-
142 Gemeindarchiv Bisingen, Nr. 1281 (4.1.1934 und 1.2.1936, jeweils mit Unterschriften der 10 Bisinger
Wirte).
143 Gemeindearchiv Steinhofen, Nr. 561 (Schreiben des 1. Beigeordneten Fischer vom 11.2.1936; auch in
StAS Ho 13 Tl Nr. 824).
144 Hohenzollerische Blätter vom 18.2.1936.
145 Auf einer Kopie des Artikels in der Hohenzollerischen Heimatbücherei (HBH K 299) nennt ein handschriftlicher
Zusatz als Verfasser einen Thanheimer Bürger.
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