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Otto H. Becker
ner Schwester, dem Grafen Dr. Robert und der Gräfin Auguste Viktoria Douglas,8 nach
Schloss Langenstein9 im benachbarten Baden begeben. Dort wurde der inzwischen unter
Schutzhaft gestellte Fürst von der württembergischen Gestapo nach Wilflingen umdirigiert
, wo er am 9. September 1944 nachmittags eintraf.10 Danach wurden auch die
Familie des Fürsten und dessen Zwillingsbruder Prinz Franz-Josef von Hohenzollern-
Emden (1891-1964) mit seiner Familie im Stauffenbergschloss in Wilflingen interniert
.11
Wie wir aus dem Tagebuch des Diplom-Landwirts Maximilian Schaitel12 erfahren,
kursierten in Sigmaringen die folgenden Gerüchte über die Gründe, die zur Inschutz-
haftnahme des Fürsten, seines Zwillingsbruders und ihren Familien geführt haben sollen
: Die Verwandtschaft zu König Michael von Rumänien, der nach dem Sturz von
Marschall Antonescu am 25. August 1944 Deutschland den Krieg erklärt hatte,13 die
Freundschaft des Fürsten von Hohenzollern mit Friedrich Schenk Freiherr von Staufenberg
und mit dem ehemaligen deutschen Botschafter in Rom, Ulrich von Hassel.14
Nach Auffassung des Zeitzeugens waren die vorgebrachten Gründe jedoch nur Vorwände
.15 Für Schaitel war die Inschutzhaftnahme vielmehr die bequemste, einfachste
und schnellste Weise, das Schloß mit allem Drum Dran für die Franzosen zur Verfügung
zu bekommen.Ul
Uber den Aufenthalt der fürstlichen Familie in Wilflingen wurde Schaitel vor allem
durch den Fürstlichen Forstmeister Riester17 und seinen Sigmaringer Friseur Dittus unterrichtet
, die beide häufiger dort weilten.18 Danach durften die Inhaftierten das Schloss
ohne Genehmigung nicht verlassen. Der Empfang von Besuch war nur im Beisein von
Gestapoleuten möglich.19 Wie Schaitel weiter berichtet, war es dem Fürsten und seinem
Bruder sowie deren Angehörigen dann aber erlaubt, Frauen, deren Männer gefallen
oder eingezogen waren, bei der Kartoffelernte behilflich zu sein.20 Der damalige
Erbprinz Friedrich Wilhelm von Hohenzollern (1924-2010) und ein Mecklenburger
Prinz, bei dem es sich vermutlich um den Herzog Georg Alexander zu Mecklenburg
8 Die Schwester des Fürsten Auguste Viktoria (1890-1966) hatte sich als verwitwete Königin von Portugal
1939 mit Dr. Robert Graf Douglas vermählt.
9 Heute Gemeinde Orsingen-Nenzingen, Landkreis Konstanz.
10 Zur Fahrt des Fürsten von Sigmaringen nach Langenstein und dann nach Wilflingen siehe Becker,
Neue Beiträge (wie Anm. 1), S. 266 und 268.
11 Maximilian Schaitel: Tagebuch. Teil 1, S. 4 (StAS Sa 61/4).
12 Johann Adam Kraus: Maximilian Schaitel gestorben. In: Hohenzollerische Heimat 23 (1973), S. 63.
13 Uber den Sturz von Ion Antonescu am 23.8. und die Kriegserklärung Rumäniens am 25.8.1944 an
Deutschland siehe Sebastian Balta: Rumänien und die Großmächte in der Ära Antonescu (1940-1944).
Stuttgart 2005 (Quellen und Studien zur Geschichte des östlichen Europa 69), S. 468-471.
14 Uber die Opposition und die Hinrichtung von Hassels am 8.9.1944 siehe Gregor Schöllgen: Ulrich
von Hassel 1881-1944. Ein Konservativer in der Opposition. München 1990, S. 99-174.
15 Schaitel, Tagebuch (wie Anm. 11), S. 6.
16 Ebd., S. 6 f.
17 Nachruf auf den späteren Fürstlichen Forstdirektor Josef Riester (1904-1972): Schwäbische Zeitung
Sigmaringen vom 28.7.1972.
18 Schaitel, Tagebuch (wie Anm. 11), S. 5.
19 Ebd., S. 4 f.
20 Ebd., S. 5.
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