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Helmut Göggel
Bei allen Appellen zur Sparsamkeit vergisst Müller jedoch nicht die Lage der fürsorgeberechtigten
Klein- und Sozialrentner. Allerdings weist er aber auch ergänzend
darauf hin, dass Rentner, die noch zur Arbeit fähig seien, ihren Beitrag zur Verminderung
der Lasten leisten könnten.
Bei den Schulen massiv zu sparen, sei der falsche Weg. Der Schule müsse man das geben
, was sie brauche. Aber auch hier ein Vorschlag: Die Winterferien verlängern auf
Kosten der Sommerferien, um Heizkosten zu sparen, den Koks mit dem billigeren Torf
strecken (Nachteil: Starke Verrußung und Abnützung der Kesselanlagen).
Zum Schluss seiner Denkschrift schreibt Müller: Während ich diese Zeilen niederschreibe
, ist die Lawine der Geldentwertung weit er gerollt [...], so daß heute schon mit
dem Zehnfachen der angegebenen Ausgaben gerechnet werden muß [...]. Die jetzige
schwere Zeit hat die Gemeindeverwaltung vor ganz neue Aufgaben gestellt, ungleich
schwerer, als sie früher waren [...]. Mögen diese Anregungen zum guten Gelingen beitragen
, zum Glück und Segen unserer schönen Stadt und ihrer Bewohner!
In einer Vorlage an die Herren Stadträte und Stadtverordnete vom 25. Februar 1925
erläutert Müller seine Vorstellungen zur weiteren Stadtentwicklung? Folgende drei
Vorschläge seien hier erwähnt:
- Die Notwendigkeit eines größeren Saales für Konzert- und Festveranstaltungen, da
die vorhandenen Räume und Säle alle zu klein seien. Gedacht war an die Erstellung
eines „Bürgerheims" auf dem Museumsgelände. Das Fürstliche Hoftheater mit 354
Sitz- und Stehplätzen wäre zwar ausreichend, sei aber seit Kriegsbeginn geschlossen
. Dieses Vorhaben beim Museum wurde letztlich nicht realisiert, obwohl das
Fürstenhaus nicht abgeneigt war, das Museumsgrundstück im Hof garten unter Beachtung
verschiedener Bedingungen zum Preis von 100 000 Mark zu verkaufen.
- Die Ausgestaltung Sigmaringens als Fremden- und Luftkurort. Hier habe Sigmaringen
gegenüber den Städten der weiteren Umgebung einen großen Vorsprung, sowohl
durch die landschaftlich schöne Lage als auch als Knotenpunkt von fünf Eisenbahnlinien
.
- Weitere Versuche der Industrialisierung sollten nicht unternommen werden, es sei
denn in den Außenbezirken hinter Hedingen, Nonnenhölzle, im Hanfertal, in der
Bittelschießerstraße und an der Jungnauerstraße nördlich des Antoniustälchens. Eine
Änderung würde höchstens dann Platz greifen, wenn mehr und billigere elektrische
Kraft zur Verfügung stünde. Denn Dampfbetriebe könnten, um das Stadtbild
nicht zu verschandeln, unmöglich zugelassen werden.
Bei der Verabschiedung der Ortssatzung zum Schutz der Stadt Sigmaringen vor Verunstaltung
vom 23. Juli 1925 wurde festgelegt:10
- Das Stadt- und Landschaftsbild darf durch Baumaßnahmen nicht beeinträchtigt
werden.
- Bauveränderungen an künstlerisch oder geschichtlich wertvollen Bauten (Baudenkmale
) sind zu untersagen, wenn dadurch die Wirkung der Baudenkmale beeinträchtigt
wird.
9 StAS Dep. 1 T6-7 Nr. 10, S. 6.
10 StAS Dep. 1 T6-7Nr.lO, S. 8.
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