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Helmut Göggel
schluss, das Eigenheim in Sigmaringen zu verkaufen und nach München zu ziehen.34
Müller sah dort die Möglichkeit, als ehemaliger Offizier des Ersten Weltkriegs in die
Wehrmacht einzutreten. Am 1. April 1934 schrieb er an seinen Nachfolger Sträßle in
Sigmaringen: In erster Linie betreibe ich meine Wiederverwendung. Eine Wiederverwendung
würde den seelischen Druck beseitigen, vom Dienst an der Wolksgemeinschaft
ausgeschlossen zu sein, für die man sein Leben einsetzte und unermüdlich arbeitete. Da
ich ein Arbeitsmensch bin, glaube ich, daß Arbeit meinen durch Kriegs- und Nachkriegszeit
angegriffenen Gesundheitszustand bessern würde. Mit deutschem Gruß und
Heil Hitler. Müller, Bürgermeister LR.35 Seine Bewerbung hatte Erfolg. Er wurde am
2. Mai 1935 als Offizier im Versorgungswesen der Wehrmacht in Regensburg eingestellt
. Auf Grund seiner langjährigen Erfahrungen im Verwaltungsbereich arbeitete er
sich rasch in die neuen Aufgaben ein. Am 5. Mai 1935 schrieb er an Sträßle: Ich habe
hier sehr viel Arbeit und einen großen Bezirk (139 Gemeinden). Wenn nur meine Gesundheit
durchhält [...]. Die Stelle, die ich innehabe, ist im Heeresplan mit Majors-Rang
und Besoldung vorgesehen. Ich bin im W. Kr. Ko VII bis jetzt der einzige Re. Offizier.
[...]. Leider kann ich über den Dienst Ihnen selbst nichts berichten, da fast Alles als
„streng geheim" ist.36 Seine zuverlässige Arbeit wurde gewürdigt durch die Beförderung
zum Oberst. In dieser Stellung war er bis zum 1. Juli 1944 tätig.37 Seine Zeit als
Pensionär endete am 22. Juli 1945, da er ab 23. Juli 1945 wieder als Bürgermeister38 in
Sigmaringen tätig war.
MÜLLER KEHRT NACH SIGMARINGEN ZURÜCK
Diese, wie sich im Lauf der nächsten Monate und Jahre zeigen sollte, für die Stadt bedeutsame
Entscheidung, wurde von Egon Müller selbst dokumentiert und soll dem Leser
nicht vorenthalten werden:
Am 13.6.45 ist eine Abordnung der Stadt Sigmaringen unter Führung des Beigeordneten
Petry bei mir in Pasing erschienen und hat mich gebeten, die Leitung der Stadt
Sigmaringen wieder zu übernehmen. Es sei dies der übereinstimmende Wunsch der in
einer Einheitspartei vertretenen früheren Parteien, der Bevölkerung und insbesonders
des Reg.präs. Moser und nicht zuletzt des Gouverneurs der französ. Militärregierung,
Oberst Moulin in Sigmaringen. Der Gouverneur habe erklärt, daß er schon deswegen
keine Bedenken habe, weil ich weder an der Front noch in der Verwaltung und außerdem
auf reinem Verwaltungsgebiet der Fürsorge und Versorgung gearbeitet hätte. [...].
Ende Juni hat sich der Beigeordnete, der Stadtrat Frick und Stadtrat Müller auf den
Weg nach München begeben, um meine Entscheidung einzuholen. Am 21.7.45 abends
gegen 10 Vi Uhr landete das städtische Auto, das Prof. Müller und Dentist Güntert be-
34 StAS Dep. 1 T 6-7 Nr. 10, S. 4. - Die neue Adresse lautete: Pasing bei München, Scharnitzerstr. 6a (StAS
Dep. 1 Tl2Nr. 168, S. 114).
35 StAS Dep. 1 T12 Nr. 168, S. 121.
36 StAS Dep. 1 T12 Nr. 168, S. 123.
37 StAS Wü 13 T2 Nr. 1932/043.
38 StAS Dep. 1 T12 Nr. 168, S. 214.
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