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Helmut Göggel
war allerdings im Januar 1946, als der Sigmaringer Kreisuntersuchungsausschuss die
Uberprüfung Müllers vornehmen wollte, nicht mehr auffindbar, so dass Müller ihn ein
weiteres Mal ausfüllen musste. Müller gab an, weder der NSDAP noch einer ihrer Gliederungen
, noch einer von ihr betreuten oder dem Nationalsozialismus nahestehenden
Organisationen angehört zu haben. Er sei lediglich bis 1934 Mitglied der Nationalsozialistischen
Kriegsopferversorgung NSKOV gewesen. Aufgrund dieser Angaben kam
der Kreisuntersuchungsausschuss am 21. Januar 1946 zu dem Ergebnis, Müller ist in
keiner Weise für den Nationalsozialismus eingetreten und hat sich weder der Partei
noch den Gliederungen angeschlossen, und plädierte für ein Verbleiben im Amt.51
Der politische Landesbeirat sah die Sache indes anders und schlug dem Staatskommissar
vor, Müller als Bürgermeister aus dem Amt zu entfernen. Müller - so der Landesbeirat
auf seiner Sitzung am 2. Juli 1946 - war Pensionär von 1933-1.5.1935, ging
dann am 2.5.1935 als Offizier zur Wehrmacht, wurde dort am 30.6.1944 pensioniert.
Der Landesbeirat lehnt ihn ab, da er nahezu zehn Jahre Berufssoldat war.52
Der Staatskommissar folgte allerdings diesem Vorschlag nicht, Müller konnte im
Amt bleiben.53
WAHL ZUM BÜRGERMEISTER
Am 15. September 1946 fanden in allen Gemeinden der französisch besetzten Zone
Württembergs und Hohenzollerns Bürgermeisterwahlen statt. Auch Egon Müller stellte
sich zur Wahl. Im Vorfeld der Wahl wurde in einem anonymen Schreiben vom
3. September 1946 gegen ihn Stellung bezogen. Müller sei als Oberst und Stabsoffizier
Militarist ersten Grades. Wir Sigmaringer erwehren uns dagegen, einen demokratisch
und christlich getarnten Obersten zum Bürgermeister zu erhalten. Das Schreiben wurde
an zehn französische und deutsche Behörden und an verschiedene Presseorgane geschickt
.54 Es hatte keinen Einfluss auf die Wahl, denn Müller wurde mit großer Mehrheit
gewählt. Bei einer Wahlbeteiligung von 85,9 Prozent erhielt er von 2707
abgegebenen Stimmen 2273, das heißt 84 Prozent.55 In der Sitzung des Sigmaringer
Stadtrats vom 22. September überbrachte Landrat Rothenbacher namens der Aufsichtsbehörde
die Glückwünsche zur Wahl des Bürgermeisters und des ebenfalls neu
gewählten Stadtrats. Aus dieser Sitzung ist besonders erwähnenswert, dass Adolf Hitler
und Hermann Göring das Ehrenbürgerrecht aberkannt wurde.56
51 StASWü 13 T2 Nr. 1932/043.
52 StASWü 13 T2 Nr. 1932/043.
53 Bekanntmachung des Staatssekretariats für das französisch besetzte Gebiet Württembergs und Hohenzollerns
über die Ergebnisse der politischen Säuberung vom 8.8.1946 (Amtsblatt des Staatssekretariats
für das französisch besetzte Gebiet Württembergs und Hohenzollerns Nr. 15 vom 19.8.1946, S. 141-161,
hier S.156).
54 StAS Wü 40 T19 Nr. 382.
55 Schwäbische Zeitung Nr. 74 vom 17.9.1946.
56 StAS Dep. 1 T23 Nr. 6, S. 59f.
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