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Neues Schrifttum
der Zimmern-Chronik befasst. Es ist das Verdienst von Rolf Götz, der mir seinen ausführlichen
Brief an Murray vom 17. November 1995 zugänglich gemacht hat (kürzer
die Monographie von Götz 2007, S. 73 f., 81 f.; im Zusammenhang dargestellt: Rolf
Götz: Die Herzöge von Teck, 2009, S. 105-107), dass wir eindeutig wissen, dass sich
schon der gelehrte Historiker Wilhelm Werner von Zimmern an diesem Kreuzzugs-
Fälschungs-Komplex (ad maiorem gloriam familiae) mit eigenen Erfindungen beteiligt
hat bzw. den Weg für die Fiktionen Froben Christophs gebahnt hat. Schon im wohl
um 1540 entstandenen Heiratenbuch Wilhelm Werners (ed. Götz 2007, S. 69) erscheint
jener anachronistische deutsche Heerführer Walter von Teck, als dessen Vorbild Murray
den Franzosen Walter Sans-Avoir erweisen konnte. Dass viele treffliche Fürsten
und Herren aus Deutschland am Ersten Kreuzzug teilnahmen, sagt Wilhelm Werner in
der Churer Bistumschronik (WLB Stuttgart HB V33, Autograph, Bl. 50r). Erfunden
hat Wilhelm Werner den in Alpirsbach begrabenen Gottfried von Zimmern und dessen
angebliche Ehefrau Elisabeth von Teck (Götz 2007, S. 74). Wilhelm Werner schreckte
sogar nicht davor zurück, ein Erinnerungszeugnis zu fälschen. Die in einem Altar der
Pfarrkirche Herrenzimmern aufgefundene Papierurkunde Wilhelm Werners vom S.Januar
1546 regestierte Glatz in seiner Alpirsbacher Klostergeschichte (1877, S. 388).
Friedrich von Zimmern habe - genannt wird das Datum 1100 - aus dem Heiligen Land
vom Kreuzzug eine Reliquientafel mitgebracht, auf der links und rechts die Wappen
Zimmern und Teck angebracht waren, die er seiner Schwägerin (Elisabeth von Teck)
verehrt habe. Wilhelm Werner beurkundete, er habe dieses „verwurmte" Reliquiar restaurieren
lassen. Da es damals noch keine Wappen gab (und natürlich auch nicht die
genannten Personen), kann es kein solches hochmittelalterliches Reliquiar gegeben haben
. Die als Restaurierung getarnte Fabrikation des Sachzeugnisses ist eine zweifelsfreie
Fälschung Wilhelm Werners zugunsten des Familien-Herkommens. Solche frühneuzeitlichen
genealogischen Fälschungen (wie sie auch dem berühmten Schweizer
Historiker Ägidius Tschudi zur Last zu legen sind) gelten heute nicht mehr als sonderlich
ehrenrührig. Aber der von Götz dokumentierte Fall wirft doch ein bezeichnendes
Licht auf die von Bihrer positiv dargestellte Arbeitsweise Wilhelm Werners von Zimmern
.
Als Hauptwerks Wilhelm Werners gilt die 1550 beendete „Geschichte des Erzbistums
Mainz und seiner Suffraganbistümer", an der der Graf zwölf Jahre gearbeitet haben
will (in Wirklichkeit sicher länger). Sie ist, da nur handschriftlich überliefert, kaum
bekannt. Gedruckt liegen nach Bihrer nur die Bistumschroniken von Würzburg (Ausgabe
von Wilhelm Engel 1952) und Eichstätt (Wilhelm Kraft 1956) vor. Hinzu kommt
Udo Stanelle: Die Hildesheimer Bischofschronik des Hans Wildefuer, 1986, denn diese
nach der Leithandschrift Wolfenbüttel Cod. Guelf. 42.5 Aug. 2° edierte Chronik
liegt nur in der Bearbeitung Zimmerns vor (so auch Bernhard Rüth in seiner Rezension
der Ausgabe Stanelles im Niedersächsischen Jahrbuch für Landesgeschichte 59,
1987, S. 328-330, hier S. 329). Die Erben Wilhelm Werners von Zimmern sollten die
fünf Bände der Bischofschronik nach dem Willen Wilhelm Werners zusammenhalten -
ein vergeblicher Wunsch! Die Handschriften-Heuristik der Bischofschronik wurde in
den letzten Jahren vor allem von Markus Müller gefördert (Die spätmittelalterliche Bistumsgeschichtsschreibung
, 1998, S. 15 und jeweils bei den einzelnen Bistümern). Eine
Würdigung des Werks versuchte - vor allem anhand von Studien zur Konstanzer Bi-
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