http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2015-16/0423
Neues Schrifttum
Anna Moraht-Fromm: Das Erbe der Markgrafen. Die Sammlung deutscher Malerei
(1350-1550) in Karlsruhe. Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag 2013. 677 S., zahlr. Abb.
Die renommierte Kunsthistorikerin Anna Moraht-Fromm, hierzulande durch ihre Monographie
über den Meister von Meßkirch bekannt, legt nun auf nahezu 700 Seiten den
bis 2010 aktualisierten Bestandskatalog zu rund 270 Gemälden der Staatlichen Kunsthalle
Karlsruhe vor. Die in mehr als 500 Jahren von den Markgrafen und Großherzögen
von Baden zusammengetragene Sammlung wurde 1846 im Zuge der Umwandlung
fürstlicher Privatgalerien in öffentliche Museen in der eigens dafür geschaffenen Karlsruher
Kunsthalle für Interessierte zugänglich gemacht.
In einer knappen Vorbemerkung begründet die Verf., warum bei der Masse an zu
bearbeitenden Werken auf „langatmige Bildbeschreibungen" und „(e)ingehende Stilanalysen
" verzichtet werden musste, ohne jedoch „die Befragung [der Bildwerke] nach
allen Regeln der Kunstgeschichte" zu vernachlässigen. Insbesondere war es der Verf.
wichtig, „den Kontext [der Objekte] und damit die Funktion und schließlich die Zusammenhänge
der Entstehung, so weit es eben geht, zu rekonstruieren". Dass Verf. am
Ende ihrer Vorbemerkung betont, dass sie in ihren Kommentaren zu den Bildern neben
den „relevanten Forschungsmeinungen" auch „- das sei mir doch erlaubt - eine eigene
Meinung" hinzufüge (alle Zitate S. 13 f.), irritiert eher ein wenig, denn dass die Bearbeiterin
eines solch bedeutenden Corpus von Bildwerken der Spätgotik und der Renaissance
nach einem gewaltigen Forschungsaufwand ihre eigene Sicht und die eigenen
Erkenntnisse einbringt, muss der „geneigte Leser" doch geradezu erwarten.
Warum sich Verf. dazu entschieden hat, die durchaus instruktiven „Prolegomena zu
500 Jahren Sammlungsgeschichte" an das Ende ihres Werks zu setzen (S. 652ff.) wird
nicht recht deutlich - vielleicht aus Gründen der Gliederungssymmetrie. Man hätte sich
diese Einführung in die Entstehungsgeschichte der Sammlung - wie bei Bestandskatalogen
anderer bedeutender Institutionen (z.B. Alte Pinakothek München) - durchaus
auch am Anfang zur Einführung vorstellen können. Auch bricht dieser Text am Ende
mit der zitierten Verzichterklärung Markgraf Bertolds auf die berühmte „Markgrafentafel
" Hans Baidungs von 1509 etwas unvermittelt ab. Gerade wegen der Klärung strittiger
Besitzrechte des Hauses Baden an der Kunstsammlung wäre hier abschließend ein
Abschnitt über die Ergebnisse des Gutachtens von Adolf Laufs u.a. über „Das Eigentum
an Kulturgütern aus badischem Hof besitz", Stuttgart 2008, angebracht gewesen.
Den Hauptteil des Werkes nehmen naturgemäß die Bilder selbst ein, die allerdings,
wie Verf. einräumt, „für einen Bestandskatalog ... unüblich" (S. 13), nicht etwa alphabetisch
nach Künstlern, sondern kunsttopografisch geordnet sind, d.h. Verf. ordnet die
jeweiligen Meister ihrem regionalen Wirkungsraum zu, etwa: Allgäu, Bayern, Bodensee
, Oberrhein, Sachsen oder - als größtes Konvolut - Schwaben. Der Katalog - und
das heißt: die Karlsruher Kunsthalle - breitet insgesamt ein repräsentatives Tableau
süddeutscher Malerei am Ubergang von der Spätgotik zur Renaissance aus und umfasst
eine Reihe bedeutender Künstlernamen wie Hans und Bernhard Strigel in Memmingen
, Hans Mielich in München, Hans Baidung Grien in Straßburg, die Cranachs in
Sachsen, die Strüb-Werkstatt in Veringenstadt, Hans Holbein d. A. in Augsburg, die
Murer-Werkstatt in Konstanz oder Bartholomäus Zeitblom und Martin Schaffner in
Ulm. Auch Albrecht Dürer ist mit einem frühen Werk vertreten.
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