Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
51/52(136/137).2015/16
Seite: 423
(PDF, 88 MB)
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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Neues Schrifttum

Bruder, Familienoberhaupt, Freund. Diese enge Beziehung zu ihrer eigenen Familie,
zumal ihr Bruder die ebenbürtige Ehe mit Johanna, der Schwester ihres späteren Mannes
Anton Aloys, eingegangen ist, war für sie Rückhalt und Möglichkeit, sich der Bevormundung
in Sigmaringen zu entziehen. Hatte ihr Ehemann noch in Paris im ersten
gemeinsamen Winter die dortige Lebensart genossen, ist er in Sigmaringen der „gehorsamste
Sohn und der kaltherzigste Ehemann" (S. 125). Amalie steht selbstkritisch zu
ihrem impulsiven Wesen und gibt gleich die Begründung dafür: „Mein armer Kopf, der
nie sehr vernünftig war, geriet bei dieser schlechten Behandlung völlig außer sich"
(S. 125). Zehn Wochen nach der Geburt des Stammhalters flieht sie mit einem Diener in
Männerkleidung bei Scheer über die Grenze und von dort nach Kirn an der Nahe in die
Residenz ihres Bruders Friedrich. Diese abenteuerlich beschriebene Flucht ist gleichzeitig
ein Eklat, der ihr von Seiten des Hauses Hohenzollern-Sigmaringen von Anfang
an nicht verziehen wird. Ihre Schwägerin Johanna schlägt sich ab dem Zeitpunkt ihrer
Flucht ebenfalls auf die Seite ihrer Herkunftsfamilie. Amalie lebt mit ihrem Bruder und
Johanna in Kirn und Paris. Drei Kinder des Bruders sterben kurz hintereinander, der
Bruder baut eine Luxusvilla in Paris (Hotel de Salm, heute Museum der Ehrenlegion).
Die Ideen der Französische Revolution werden dort offen diskutiert - bis Friedrich
und der mit dem Haus befreundete Alexandre de Beauharnais kurz vor Ende der Terrorherrschaft
geköpft werden. Amalie bleibt mittellos und mit ihrem Neffen, dem vierten
und einzig überlebenden Kind ihrer Schwägerin, die acht Monate nach dessen Geburt
gestorben war, zurück. Nachdem Napoleon an die Macht gekommen war, die
deutschen Länder unterworfen worden waren und er sich mit Josephine de Beauharnais
, Amalies Freundin aus Revolutionstagen, vermählt hatte, nimmt Amalie die Verbindung
nach Sigmaringen wieder auf. Ihr langjähriger Bekannter und Freund ihres
verstorbenen Bruders, Charles-Maurice de Talleyrand-Perigord, ist inzwischen französischer
Außenminister. Auch dieser Umstand führt zum Erfolg bei den Verhandlungen
um die Souveränität. Wichtig bei diesen Verhandlungen ist ihr Sohn Karl. Immer
wieder betont sie ihre Liebe zu ihm. Für Karl ist es trotz bestehender Standesunterschiede
unumgänglich, in die „Familie" Napoleons einzuheiraten. Hier spielt Amalies
Verhandlungsgeschick ebenfalls eine wichtige Rolle: „Es war eine Zeit, in der der Kaiser
mit einem Federstrich ein Dutzend Fürsten mediatisierte" (S. 251).

Das Besondere am Lebensbericht der Fürstin Amalie ist die Art, wie sie Familiäres
und Politisches vermischt. Sie lässt Lücken in der Erzählung, an anderen Stellen erinnert
sie sich detailgetreu. Am Ende überwiegt die Darstellung ihrer Gefühlslage. Namen
, Orte oder Anspielungen werden im Kommentarteil teilweise näher beleuchtet.
Ein großer Verdienst dieser Ausgabe sind die beigefügten Ergänzungen, wie zum Beispiel
Briefe zum selben Thema an ihre Schwester Auguste, die Egli unter anderem in
dem Herzog von Croyschen Archiv in Dülmen oder weitere Zeugnisse, die Egli in den
Archives Nationales in Paris aufgespürt hat. Der Text gibt jedoch auch Aufschluss weit
über die Historie hinaus. Der Ubergang in eine neue Zeit, die auf Demokratie setzt, die
das geistige Vermögen unabhängig von der Geburt als Wert akzeptiert (indem nicht nur
Adlige Zutritt zu ihrem Salon im Hotel de Salm haben), die auf Gleichberechtigung
und in der Ehe auf Liebe pocht. Und doch ist Fürstin Amalie, die als Adelige ihrer Zeit
voraus sein kann, immer noch - viele Textstellen lassen sich hier heranziehen - dem
Ancien Regime verhaftet. So bricht sie die Verbindung zu ihrem Neffen ab, als dieser

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