Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-MZ18
Zeitschrift für kritischen Okkultismus und Grenzfragen des Seelenlebens
Band 1
Seite: 82
(PDF, 78 MB)
Bibliographische Information
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Graf Perovsky-Petrovo-Solovovo.

Bald danach Schluß der Sitzung. Einige Tage danach wird sie
wiederholt, aber diesmal gelingen die gleichen Versuche nicht. Man versucht
es noch einmal, wieder mit negativem Erfolg. Aus irgend einem
Grunde hören bald nachher die Sitzungen überhaupt auf.

Ich muß gestehen, die Sache hatte großen Eindruck auf mich gemacht
. Die Bedingungen, unter denen die geglückten Versuche stattgefunden
hatten, schlössen, wie mir schien, einen Betrug beinahe aus.
Da die Medien standen, konnten sie meiner Meinung nach kaum unter
das Blatt Papier blicken, ganz abgesehen von den Taschentüchern, mit
denen man ihnen die Äugen verbunden hatte.

Ereilich war da das „Beinahe"! Aber damit wollte ich mich nicht
aufhalten. Und welchen Zweck, welches Motiv hätte auch ein Betrug
gehabt? Die Dringlichkeit, mit welcher die Untertasse die Seitenzahl
hatte „sehen" wollen, ehe sie sie angab, schien allerdings merkwürdig.
Aber als ich über die fragliche Sitzung mit dem damaligen Hohepriester
des russischen Spiritismus, Herrn Alexander Aksakow1) sprach,
fand er in seiner eigenen Erfahrung ähnliche oder gar identische Fälle.
Auch in ihnen war, seiner Angabe nach, das „Hellsehen" der „Geister"
durch ganz physische Erfordernisse eingeschränkt. Kurz, alles dies sah
ebenso interessant wie ungewöhnlich aus.

Nur hatte ich leider etwa 10 Jahre lang zu warten, um wieder Zeuge
eines ähnlichen Vorganges zu werden. Eines schönen Tages lernte ich
einen gewissen G. kennen, der in Petrograd irgend ein Amt am Militärgericht
bekleidete und durchaus ein Ehrenmann zu sein schien. Bei ihm
wurden spiritistische Sitzungen abgehalten, in denen sich Tisch-
elevationen und ähnliche Dinge ereignen sollten. Mir war es vergönnt
etwas zu sehen, was für mich noch interessanter war. Als G. und noch
eine andere Person sich mit verbundenen Augen an einem Tische niedergelassen
hatten, erhielten wir schnell und mühelos „Botschaften", wieder
mit Hilfe einer Untertasse; und dieses Gerät „las" ganz richtig die Namen
von Visitenkarten, die man aufs Geradewohl aus einem Haufen gegriffen
hatte und die angeblich niemand von uns konnte.

Die Gutgläubigkeit der „anderen Person", die mit G. zusammenarbeitete
, braucht nicht in Zweifel gezogen zu werden, was sie selbst betraf
; nur die verbundenen Augen haben mir niemals übertriebenes Vertrauen
eingeflößt. Ich wäre gern zu etwas exakteren, besser kontrollierten

*) Den Titel „Hohepriester" verleihe ich ohne Ironie. Herr Aksakow war ein
reicher Grundbesitzer und ein rechtschaffener, vortrefflicher Mensch. Er hat eine Reihe
geschätzter Werke über den Spiritismus veröffentlicht, vor allem das zweibändige „Ani-
mismus und Spiritismus". Ich möchte glauben, daß er am Ende seines Lebens viel
von seinen einstigen Illusionen verloren hatte. Jedenfalls hatte er, als ich ihn kennen
lernte, nur noch eine sehr mäßige Schätzung der sog. Geister, wie sie sich in den
Sitzungen offenbaren. Gelegentlich entschlüpfte ihm einmal das Wort, nach seiner Ansicht
seien sie „Kanaillen". Wahrscheinlich haben die Medien ihn im Laufe seiner zahllosen
Sitzungen mehr als einmal hineingelegt, aber mehrere hat er doch entlarvt. Jedenfalls
hatte seine Leichtgläubigkeit Grenzen. Er starb 1903. Friede seiner Asche!


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