Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-MZ18
Zeitschrift für kritischen Okkultismus und Grenzfragen des Seelenlebens
Band 1
Seite: 96
(PDF, 78 MB)
Bibliographische Information
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Graf Perovsky-Petrovo-Solovovo.

muß ich mir eingestehen, daß eine Untertasse, die liest (und sich sogar
ziemlich oft v e r liest) auch nicht viel besser ist als ein materialisierter
Faden, an dem ein Gegenstand hängt (wie bei den Versuchen mit Stanis-
lawa Tomczyk), oder eine flache Materialisation, auf der die Buchstaben
Miro1) stehen (welches Wunder sich bei Eva C. begeben hat).
Und doch, ich Skeptiker, ich hartgesottener Skeptiker sogar war dicht
daran, an diese lesende Untertasse zu glauben, oder ich verfuhr wenigstens
ganz so, als ob ich daran glaubte. So stark wirkt das Milieu, das die Spiritisten
zu ihrem Spezialvergnügen um ihre Phänomene geschaffen haben.
Indem man sich in diese Dinge einlebt, wird man schließlich die Absurditäten
und Albernheiten nicht mehr gewahr, die bei jedem Schritt
wie die Pilze aufschießen; man wdrd geradezu hypnotisiert. Bei wie
vielen ist der gesunde Menschenverstand in dieser Flut ertrunken! Ich
war glücklicher und konnte widerstehen, aber doch nicht ganz, da ich beinahe
zugestanden hätte, daß — eine Untertasse lesen kann!!!

Man sollte jetzt aufstehen und es deutlich und laut aussprechen, daß
alle oder fast alle diese sog. Gesetze, denen nach Aussage der Spiritisten
die Phänomene gehorchen, keine wirkliche Berechtigung haben und ganz
und gar erfunden sind, und zwar nur zu dem Zwecke, um entweder den
Betrug geradezu zu begünstigen oder um ein ungeschicktes Medium
herauszuhauen, wenn es ertappt wird. Mögen zukünftige Experimentatoren
dies beherzigen und die Herren Geister es sich gesagt sein lassen!

Offenbar verlieren, wie schon gesagt, bei der Annahme, das Hellsehen
der Nadia beruhe auf Tricks, auch die ,,Botschaften'', die wir in
ihren Sitzungen erhielten, viel von ihrer Bedeutung. Hat sie dort zu
Täuschungsmitteln gegriffen, so kann sie es auch hier getan haben.
Nimmt man es genau, so kann man auch die Fälle Krannich, Abamelek,
die Botschaft in serbischer Sprache usw., von denen oben die Rede war,
auf Schwindel zurückführen.

Tatsächlich glaube ich, wie schon gesagt, keineswegs, daß Nadia
immer und überall betrogen hat — selbst wenn das Hellsehen bloß trickmäßig
zustande gekommen sein sollte — und ich neige zu der Ansicht,
daß manche dieser Botschaften wenigstens nicht bewußter Schwindel
waren. Aber wer sollte nicht erkennen, daß selbst hier alle diese Botschaften
sehr leicht aus dem ,,subliminalen Ich'4 des Mediums stammen
können und daß die Hypothese der latenten Erinnerung oder Kryptomnesie
ihren Inhalt zufriedenstellend erklärt? Gibt man zu, daß Nadia guten
Glaubens war, als sie versicherte, sie wüßte nichts weder von der Existenz
noch von der Adresse z. B. der Krannich oder Knorrich oder Frl. MaikofF
(vgl. Botschaft K—n!), wer garantiert uns, daß sie das alles nicht doch
gewußt, später aber wieder vergessen hat? Jene Hypothese hat nichts besonders
Unwahrscheinliches an sich, jedenfalls weniger als jede andere.

') Aus dem Kopf druck der Zeitung „Le Miroir".


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