Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-MZ18
Zeitschrift für kritischen Okkultismus und Grenzfragen des Seelenlebens
Band 1
Seite: 103
(PDF, 78 MB)
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Das dämonische Unterbewußtsein. 103

sicherlich viel jünger als der Dämonenglaube unkultivierter Völker und ist
wahrscheinlich teilweise dessen Produkt. Die primitive Wurzel des Teufelsglaubens
dürfte vielmehr die unmittelbare Anschauung der Tatsachen der
Bewußtseinsspaltung bilden. Und dann gewahren wir, wie eng Teuflisches
und Erotisches zusammengehören.Warum wohl? Die Psychoanalyse erklärt
es uns: Der Kulturmensch „verdrängt" alles, was ihm peinlich, verboten,
unschicklich, gefährlich erscheint, indem er sich Mühe gibt, nicht daran zu
denken, ins Unterbewußtsein herab; mit allem Tierischen, Unmoralischen,
Aggressiven stürzt auch das Sinnlich-Erotische in jene „Hölle" unserer Seele
hinab. Kommt das Unterbewußtsein zur Herrschaft, im Traum, im Delirium,
in der Geisteskrankheit, so hebt es jene verstoßenen Gedanken, Triebe und
Gefühle wieder ans Licht; die reine Ophelia, irrsinnig geworden, singt zotige
Lieder. Das Teuflische, Höhnische, Revoltierende und das Erotische steigen
somit aus der gleichen Tiefe empor. — Aber noch mehr erkennen wir bei
dieser Gelegenheit. Im Unterbewußtsein muß sich durch den geschilderten
Verdrängungsprozeß ein „Gegenreich" gegen das moralische, gebändigte Oberbewußtsein
bilden, ähnlich wie im sozialen Organismus die Verbrechergesellschaft
gegenüber der bürgerlichen. Dieses Gegenreich muß mit Notwendigkeit
dem Oberbewußtsein feindselig und gefährlich sein, nicht etwa aus Rache,
weil es verdrängt und in die Finsternis hinabgestoßen wurde — soweit darf
man gewiß das Gleichnis nicht treiben — wohl aber, weil eben alles Verbotene
, Tückische, Widerstrebende, Bedenkliche in uns, weil das Tier, das im
Besten und Reinsten von uns verborgen weiterlebt, in das unterbewußte Gegenreich
verbannt ist und diesem nun z. T. seinen eigenen rebellischen Charakter
verleiht. Dieses Gegenreich wird nicht bei allen Menschen zu deutlicher Entwicklung
kommen: Nicht bei dem kindlich-reinen oder spießbürgerlich leidenschaftslosen
Menschen, der wenig zu verdrängen hat; nicht bei dem gefestigten
Charakter und systematischen Denker, bei dem sich keine Hirnteile dissoziieren
können, also das Unterbewußtsein unter so starkem Druck gehalten wird, daß
es sich gar nicht organisieren kann; er gleicht einem patriarchalischen Staate
von, strengen, spartanischen Sitten, die keiner Verbrechergesellschaft Raum
lassen. Endlich bildet sich kein bedenkliches Gegenreich bei dem gesundsinnigen
, harmonischen, natürlich empfindenden Menschen, der gleichfalls
nicht viel zu verdrängen hat, weil er ohne Ängstlichkeit, Sündengefühl und
Prüderie dem Leiblichen wie dem Seelischen, dem Animalischen wie dem
Kulturellen in uns die ihm zukommende Form des Sichauslebens gestattet.
Goethe berichtet in der Iphigenie, wie er durch reine Menschlichkeit seiner
Furien Herr wurde. Wo aber solche günstigen Bedingungen fehlen, kann der
Gegensatz zwischen Unter- und Oberbewußtsein zu deutlicher Ausbildung gelangen
, ja er kann so gewaltsam werden, daß er schließlich die Einheit der
Persönlichkeit zerreißt.

Nicht immer braucht das rebellische Unterbewußtsein Träger des schlechten
Prinzips zu sein. Auch gute Gedanken und Gefühle können „verdrängt"
werden, zumal da, wo sie dem Egoismus, der Bequemlichkeit, der Gewohnheit
im Wege stehen. Den Gegensatz zu dem dämonischen Unterbewußtsein im
schlechten Sinne — wir könnten ihn als „heiliges" oder „erlöstes Unterbewußt-


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