Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-MZ18
Zeitschrift für kritischen Okkultismus und Grenzfragen des Seelenlebens
Band 1
Seite: 139
(PDF, 78 MB)
Bibliographische Information
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Verschiedenes. 139

daß diese meist übliche Kritik wertlos ist und wir erst dann zu einer
fruchtbringenden Erörterung gelangen, wenn die hier erhobene Forderung
einer individualisierenden Kritik erfüllt ist, die die Gewichte zwischen
Forscher und Medium richtig verteilt.

Verschiedenes.

Die Frage des Hellsehens und der Telepathie im Bernburger Prozeß.

Von Dr. Albert Hellwig, Potsdam.

Vom 12. bis zum 17. Oktober d. J. hat gegen den Lehrer D r o s t in Bernburg
vor dem dortigen großen Schöffengericht eine Hauptverhandlung wegen Betruges
stattgefunden. Drost ist freigesprochen worden. Eine Entschädigung für unschuldig
erlittene Untersuchungshaft — er hat fünf Monate in Untersuchungshaft
gesessen — hat das Gericht ihm nicht zugebilligt. Daraus ergibt sich nach den
maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen, daß das Gericht nicht der Ansicht
gewesen ist, daß das Verfahren die „Unschuld" des Angeklagten ergeben oder
dargetan hat, daß ein „begründeter Verdacht" gegen ihn nicht vorliegt1). Das
Urteil ist rechtskräftig geworden.

Es handelte sich in diesem Verfahren um die sog. Kriminaltelepathie.
Drost hatte nämlich seit Jahren in sehr großem Umfange versucht, durch „hellsehende
" Medien Verbrechen aufzuklären. Er hatte zweifellos mehrere auf den
ersten Blick verblüffende Scheinerfolge aufzuweisen; dagegen ist in keinem
einzigen der Fälle der Nachweis erbracht, daß die Medien von Drost tatsächlich
auch durch ihre auf supranormalem Wege gewonnenen Kenntnisse irgendwie zur
Aufklärung eines Verbrechens beigetragen haben.

Die anscheinende Aufklärung eines Mordes durch Drost begründete seinen
Ruhm. Am 26. Februar 1921 wurde Anzeige erstattet, daß eine Frau Heese tot
aufgefunden sei; es bestehe der Verdacht, daß ihr Mann sie erdrosselt habe. Eine
Reihe von Einzelheiten, die nachher auch in den Aussagen des Mediums wiederkehren
, waren schon vor der Sitzung mit dem Medium bekannt. Die "Sitzung fand
am 1. März 1921 statt. Ein eigentliches Protokoll über diese Sitzung, die am
Tatort stattfand, besteht nicht. Wir sind auf einen Bericht angewiesen, den der
bei dem Versuch anwesende Polizeikommissar Hildebrandt am nächsten
Tage erstattet hat. Wenn dieser Bericht zuverlässig wäre, so würde allerdings
eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, daß die Angaben des
Mediums auf Telepathie oder Hellsehen beruhten. Es wird ausdrücklich erklärt,
weder Drost noch sein Medium seien informiert worden. Das trifft aber, wie
sich in der Voruntersuchung gegen Drost ergeben hat, nicht zu, da zwar nicht
Hildebrandt sie informiert hatte, wohl aber sein Kollege Rössel, zum
mindesten Drost, wahrscheinlich auch das Medium, die beide bei dem
Schwiegervater Rössels, bei dem sie ihren ersten kriminaltelepathischen Versuch
gemacht hatten, freundschaftlich verkehrten. Daß der Bericht Hilde-
brandts nicht zuverlässig ist, dafür spricht auch, daß nach einem am 5. März
1921 — also nach der Sitzung — in dem „Anhaltischen Generalanzeiger" erschienenen
ausführlichen Aufsatz über den Verlauf der Sitzung, der offenbar auf
Informationen von unterrichteter Seite zurückgeht, *das Medium „wohl an die
fünfzig Fragen" beantwortet hat: „Jedesmal, wenn ihm die Hellseherei nach-

*) Vgl, jetzt auch die Darstellung, die der Berichterstatter des Bernburger großen
Schöffengerichts, Amtsgerichtsrat Dr, Ei sing, in der Dezembernummer der „Deutschen
Juristenzeitung" gibt.


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