Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-MZ18
Zeitschrift für kritischen Okkultismus und Grenzfragen des Seelenlebens
Band 1
Seite: 220
(PDF, 78 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_krit_okkult1926/0225
220

I. H. Schultz.

zeit durch Krankheitserscheinungen äußerlich bedrohlicher Art illusorisch
machen kann. Parallel damit, das sei hier nebenbei bemerkt, geht häuhg
eine ans Unglaubliche grenzende Einfühlungsfähigkeit für fremde motorische
Leistungen. So demonstrierte mir Müll e r in Chemnitz einmal
Kurven einer hysterischen Patientin, die in der Lage war, jede noch so komplizierte
Kurve am Sommerschen drei-dimensionalen Bewegungsapparate
nach kurzer einmaliger Betrachtung verblüffend ähnlich „nachzuzittern".

Für die Bewertung der Aussagen kontrollierender Personen ist endlich
von erheblicher Bedeutung, daß unbewußte Bewegungen der Augenmuskeln
, deren Arbeit ja einen wesentlichen Teil unserer Baumerlebnisse
bedingt, als Objektbewegungen wirken, so daß ein solcher Beobachter
von einer objektiven räumlichen Ohjektverschiebung überzeugt ist.

3. In noch viel höherem Maße als die vorstehenden kurz angedeuteten,
vergleichsweise primitiveren Reaktionen sind die höheren psychischen
Funktionen suggestiver Fälschung zugänglich. Das ist, wie
Moll mit Recht hervorgehoben hat, zuerst in seinem ganzen Umfange
von den älteren Bearbeitern des Hypnotismus und der Suggestion erkannt
und dann von der modernen und angewandten Psychologie systematisch
bearbeitet worden. Auffassung, Erinnerung und Aussage, Kritik
und Urteilsfindung unterliegen suggestiver Einwirkung
in so außerordentlichem Maße, daß nur bei einem Höchstmaß
methodischer Exaktheit gröbste Irrtümer vermieden werden können.
Ganz besonders stark treten solche Fehler in Kraft, wenn die in Frage
stehenden psychischen Faktoren nicht auf der nüchternen Ebene besonnener
Sachlichkeit, sondern auf dem wogenden Meere erregter Gefühle
spielen. Unter solchen Umständen müssen wir jede nicht durch objektive
Meßapparate und sofortige stenographische Protokollierung gesicherte Berichterstattung
als unbeweisend bezeichnen. 1924 sind aus dem Göttinger
Gerichts ärztlichen Institute gerade wieder außerordentliche instruktive Beispiele
mitgeteilt. So verließ ein Straßenbahnschaffner morgens nach einem
Streit mit seiner Ehefrau seine Wohnung. Sein Dienstweg führte ihn an
einem Flusse vorbei; plötzlich stürzt seine Frau sich neben ihm ins Wasser,
er zieht sie heraus, trägt sie in seine Wohnung, macht hier 2 Stunden
Wiederbelebungsversuche und merkt erst nach ihrem Abschluß, daß seine
Frau ruhig schlafend im Nebenzimmer liegt und er eine unbekannte Selbstmörderin
vor sich hat. Solche Affekterlebnisse durchschnittlicher Mitbürger
am hellichten Tage lassen die Reichweite entsprechender Vorgänge im
täuschungsreichen Milieu mediumistiseher Sensationen ermessen.

Sind so schon die Schwierigkeiten hinsichtlich der meist als „normal"
angesehenen Kontrollpersonen bei mediumistischen Sitzungen außerordentlich
viel größer als die treuherzigen Berichte sonst oft sehr verdienstvoller
Zeugen ahnen lassen, so steigen sie hinsichtlich der Beurteilung
medialer Persönlichkeiten ins Ungemessene.

Selbst die erfahrensten Hypnoseforscher sind sich z. B. darüber einig,
daß es kein sicheres Kennzeichen gibt, simuliertes und echtes Trance zu
unterscheiden. Ein der Hypnose nicht eben freundlich gesinnter Wiener


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_krit_okkult1926/0225