Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-MZ18
Zeitschrift für kritischen Okkultismus und Grenzfragen des Seelenlebens
Band 1
Seite: 275
(PDF, 78 MB)
Bibliographische Information
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Okkultistische Wanderanekdoten.

275

Seltsames Erlebnis. „Träume sind Schäume", sagt ein Sprichwort, aber dennoch
hat man genug Beispiele, wo Träume Vorahnungen und Vorzeichen kommender
Ereignisse waren. Auf einer Reise nach Chikago im vorigen Jahr erzählte meinem
Freunde (!) eine Dame folgende, fast unglaubliche Geschichte aus ihrem Leben: „Mir
träumte einmal", begann sie ihre interessante Episode, „daß ich aus meiner Wohnung
trat in dem Moment, als ein Leichenzug vorüberfuhr. Von dem Bock des Leichenwagens
sprang ein Mann herunter und kam auf mich zu. Er hatte eine rote Schmarre
im Gesicht, und vorn auf seiner Kappe war die Nummer 9 zu lesen. „Kommen Sie
mit?" fragte er. „Nein", antwortete ich und wachte auf. — Etwa sechs Tage später
machte ich in einem der größten Geschäftshäuser Chikagos Besorgungen. Ich war
gerade in der obersten Etage und im Begriff, in den Fahrstuhl zu treten, um hinunterzufahren
, als mir noch etwas einfiel. Ich öffnete mein Notizbuch, um nachzusehen, ob
ich sonst noch etwas vergessen hätte. Der Führer wartete einen Augenblick auf mich
und fragte dann: „Kommen Sie mit?" — „Nein", sagte ich, und die Tür des Lifts
schloß sich. Eine Sekunde später dröhnte das große Gebäude unter einem furchtbaren
Krach. Das Seil des Aufzugs war gerissen und alle mitfahrenden Personen erlitten
einen schrecklichen Tod. Der Aufzugswärter hatte eine — rote Schmarre im Gesicht,
und seine Mütze war mit Nr. 9 markiert!"

Man darf mit Bestimmtheit anilehmeii, daß diese grausige Geschichte
frei erfunden, um nicht zu sagen erlogen ist. Es ist die Ah Wandlung
eines Gekannten Motivs, genau wie die Geschichte von der Frau, die,
durch einen warnenden Traum aus dem Schlafe aufgeschreckt, ihr Schlafzimmer
verläßt, wenige Minuten hevor der Plafond über ihrem Bett
einbricht. Auch diese Geschichte kehrt in verschiedenen Formen immer
wieder.

Die ohige Geschichte nein findet sich in anderer Aufmachung bereits
in Flammarions Sammlung okkulter Anekdoten. Wir gebrauchen diesen*
Ausdruck absichtlich, denn mehr als anekdotischen Wert kann diese
Sammlung nicht beanspruchen.

Im zweiten Bande seines dreibändigen Werkes über den Tod*) erzählt
Flammarion ein Erlebnis des englischen Botschafters in Paris,
Lord Dufferin, und zwar nach brieflicher Mitteilung eines Verwandten
des Lords, des Psychologen R. de Maratray, so daß Flammarion für
diesen Bericht volle Glaubwürdigkeit beansprucht.

Das Erlebnis Lord Dufferins war kurz das folgende. Eines Nachts,
als der Lord bei einem Freunde in Irland zu Gast war, erwacht er
plötzlich mit einem ihm unerklärlichen Unbehagen. Er erhebt sich und
geht an das Fenster, durch welches der Mond hereinscheint. Da sieht
er draußen vor seinem Fenster deutlich einen Mann von abschreckendem
Aussehen langsam vorbeigehen, der einen Sarg auf der Schulter trägt.
Das Gesicht des Mannes prägt sich dem erschreckten Zuschauer ein.
Einige Jahre später ist Lord Dufferin britischer Botschafter in Paris.
Eines Tages begibt er sich zu einem diplomatischen Empfang ins Grand-
Hotel, und als er den Fahrstuhl betreten will, erkennt er in dem Fahrstuhlführer
den Mann mit dem schrecklichen Gesicht, den er in Irland
nächtlicherweile einen Sarg hatte tragen sehen. Unwillkürlich prallt
Dufferin zurück und macht sich, einige Worte der Entschuldigung mur-

*) Flammarion, La Mort et son Mystere II: Autour de la Mort. Paris 1921.
S. 231/232.

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