Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-MZ18
Zeitschrift für kritischen Okkultismus und Grenzfragen des Seelenlebens
Band 1
Seite: 286
(PDF, 78 MB)
Bibliographische Information
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Richard Baerwald.

wird. Der Blumenschmuck und seine Kostbarkeit deutet auf den hohen
Wert der Jungfräulichkeit.

Freud fordert nun Assoziationen, freie Einfälle zu den einzelnen
Traumstücken. Zu lily (Lilie) wird natürlich purity (Reinheit) hinzuassoziiert
. Da valley (Tal) für die Psychoanalyse gleichfalls auf das Genitale
hinweist, spielen beide Worte wiederum auf die Keuschheit an.
Bei violets (Teilchen) denkt die Träumerin an das fast gleichklingende
violate (verletzen, vergewaltigen). Also wieder das gleiche Thema. Zu
pinks (Nelken) und carnations (ebenfalls: Nelken) findet die Dame zuerst
colour (Farbe), dann incarnation (Fleischwerdung). Da pink colour
auch „fleischfarbig" bedeutet, weisen beide Einfälle auf dasselbe Grundmotiv
hin, nämlich auf die Zeugung und Geburt des Kindes. Indem sie
hinzufügt, daß ihr Verlobter ihr oft carnations geschenkt habe, ist dieser
„phallische Sinn" der Nelken im Traume noch gesicherter.

Später fällt ihr noch ein Nachtrag ein*): „I decorate the flowers
with green crinkled (gekräuselt) paper, fancy paper, to hide (verbergen)
untidy (häßliche, unsaubere) things, whatever was to be seen, which was
not pretty to the eye; there is a gap (Loch), a little space (Zwischenraum
) in the flowers; the paper looks like velvet (Samt) o*r moss (Moos)u.
Zu decorate assoziiert sie „decorum" (Ehre, Anstand), zu green „hopeu
(Hoffnung). Was die untidy things und das gap für den Psychoanalytiker
bedeuten, ist klar. Samt und Moos weisen auf die crines pubis, hope
auf „guter Hoffnung sein", d.i. Gravidität, decorum wieder auf Unschuld
und Defloration hin.

Eine prachtvolle Übereinstimmung! Wollte man den osmotischen
Einfluß eines anderen Lösungs versuch es probieren, so würde man schwerlich
Glück damit haben (denn es gibt keinen anderen Gedankenkreis,
der sich an osmotischer Durchdringungskraft mit dem sexuellen messen
kann). Wohl aber glückt sofort die umgekehrte Form des Auswechselungsverfahrens
: die junge Dame könnte zu den Stücken ihres Traumes hinzuassoziieren
, was sie will — die Freudsche Lösung würde immer stimmen.
Hätte lily of the valley (Maiglöckchen) in ihr den auch naheliegenden
Einfall bells (Glocken) hervorgerufen, so bedeutet auch „Glocke" gleich
anderen hohlen, gefäßartigen Gegenständen nach der psychoanalytischen
Symbolik den Frauenleib, und bells erinnert an belly (Bauch), was dann
vorzüglich mit dem „valley" übereinstimmt. Oder hätte lily „snow"
(Schnee) heraufbeschworen, so wäre an den schneeweißen Busen gedacht
worden, der auch wieder ein valley dargestellt hätte, und die orangefarbenen
Staubgefäße der Lilien hätten an die Brustwarzen auf diesem
Schnee gemahnt. Hätte sich an carnation das auch sehr ähnlich klingende
„concentration" angeschlossen, so hätte es den Zusammenfluß der Körpersäfte
zum werdenden Embryo symbolisiert. Hätte violet „perfume" (Duft)
ausgelöst, so hätten [die zugrundeliegenden „latenten Traumgedanken"

*) Geschah das, nachdem die Dame aus Freuds Fragen und Erläuterungen den
„phallischen Sinn" ihres Traumes bereits begriffen hatte? Dies zu wissen, wäre für die
Beurteilung der nachfolgenden Berichtstücke wichtig.


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