Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-MZ18
Zeitschrift für kritischen Okkultismus und Grenzfragen des Seelenlebens
Band 1
Seite: 301
(PDF, 78 MB)
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Von Amuletten und Talismanen.

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zierlichsten Kleinstücken herzustellen bemüht waren, um ihn alsdann wie
.eine Art Talisman ständig bei sich zu tragen und sich durch den Heilglauben
an dieses Symbol vor bösartigen Krankheiten geschützt zu
wissen.

Talismane kannte auch bereits die Metallreligion der alten Arkadier.
In Babylon und Ninive war kein Gebäude — ähnlich wie bei den alten
Germanen — ohne sein schützendes Tierbild, und der berühmte samo-
thrakische Mysterienkultus (nach seiner Heimat, einer Insel im Ägäischen
Meere also benannt) wetteiferte in seiner Auswirkung mit allen den Massensuggestionsbegriffen
dieses Schutz-, Trutz- und Heilglaubens.

„Charaktere" im eigentlichen Sinne des Wortes waren lange Jahrhunderte
hindurch wohl im allgemeinen nur Zeichen für Gegenstände
einer Wissenschaft (vielleicht der Mathematik), um sich eben in dieser
Wissenschaft allen bekannten Kulturvölkern verständlich machen zu können.
Aber auch dieses Begriffszeichen stand unter der beabsichtigten Suggestionseinstellung
des einzelnen auf eine Masse und verallgemeinerte seine Bedeutung
zu der heilbringenden Wirkung eines mehr und mehr sich einbürgernden
Sympathieglaubens. Solch Wert- und Sinnwechsel vollzog sich
in alter Zeit oft.

Das „Heilige Wort" — das Abrak sadschi — der alten Ägypter
mag ganz gewiß zunächst einmal ein segnendes Priesterwort gewesen sein,
bis es danach im Zeitwandel einer mystisch-theosophischen Auffassung
schließlich auch zur Bezeichnung wirklicher Gegenstände, der sog. Abraxas-
steine, wurde. Es waren dies in der verschiedensten Art und Form bearbeitete
Steine mit Bildern, die zumeist einen Menschenrumpf mit Schlangenfüßen
und einem Hahnenkopf darstellten. Sie symbolisierten Ahnliches
wie die Tor-Hämmer der Germanen oder wie die Siegesteine der bekannten
Wielandsage. Sie bewahrten nebenbei aber auch ihre Glaubenswertung,
ähnlich wie die 99 Namen Allahs, die, in einer bestimmten Reihenfolge
zu einer Litanei geordnet, den Rosenkranz der Mohammedaner bilden.

Inwieweit die Gebetsmantelquasten (Zizit) der Juden nicht anfänglich
auch Amulette, sondern religiös erforderlich gewordene Gebrauchsstücke
waren, ist schwer zu entscheiden. Als sicher steht aber fest, daß
bereits das Alte Testament Verbote gegen das Tragen von Amuletten
kannte, wozu es auch die im Orient außerordentlich viel verbreiteten,
mondförmigen Ohrringe zählte. Ton dem Jakob der Bibel wissen wir,
daß er den Seinen diese Ohrgehänge fortnahm und vergrub. Aber das
ganze Yolk Israel bildete aus ähnlichen Stücken, als Mose auf dem Berge
der Gesetzgebung verweilte, am Fuße des Sinai das „Goldene Kalb". —
Wie mächtig muß da der Glaube an die persönliche Schutzkraft solcher
Dinge mit suggestiver Gewalt in ganzen Yölkern gelebt haben! Ganz
gleich, ob man die Amulette da als ein Schutzmittel gegen Zauberei oder
als ein starkes Trutzmittel des Aberglaubens bezeichnen will: ihre Wirkungsbedeutung
war jedenfalls nicht geringer als etwa diejenige des
späteren oder des heutigen Reliquien glaub ens, der ja doch bis zum heutigen
Tage unausrottbar geblieben ist.


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