Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-MZ18
Zeitschrift für kritischen Okkultismus und Grenzfragen des Seelenlebens
Band 1
Seite: 320
(PDF, 78 MB)
Bibliographische Information
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Besprechungen.

„Nationale" einer Person zu bezeichnen pflegen: ihren Namen, ihr Alter, ob Mann oder
"Weib, ob verheiratet oder ledig. Ebenso übertrugen sich gar nicht einzelne Worte oder
geometrische Figuren. Fixiert F. ein Schriftstück, ohne es sehen zu lassen, so eriät Sch.
wohl unter Umständen den Charakter des Schreibers und der Schriftzüge, kann aber
kein einzelnes Wort wiedergeben. Also das Klare, Bestimmte, Vordergründliche, zumeist
von der Aufmerksamkeit Beleuchtete überträgt sich schlecht. Besonders gut dagegen
errät Sch. die Gestalt und ihre Abnormitäten, den Gang, die Kleidung und vor allem
die Geste, also jene Eigenheiten, die uns beim Denken an eine Person beständig im
Hintergrunde des Bewußtseins stehen bleiben und sich, wie Wasielewskis Versuche
zeigen, beim ferntelepathischen Versuch in den Vordergrund drängen. Das spricht entschieden
für echte, nicht sinnlich vermittelte Gedankenübertragung. Ausgezeichnet erriet
Sch. das Verhältnis verschiedener Personen zueinander (Verlobte, Lehrer und Schüler,
Achtung oder Nichtachtung); hier ergeben die Versuche 100°/0 Treffer.

Gerade bei Sch. wäre eine ganz exakte Feststellung echter Gedankenübertragung
leicht gewesen: Handschrift läßt sich nicht durch Flüstern oder Mienenspiel ausdrücken;
hätte Sch. im Anschluß an eine gedachte Person eine ihm ganz anbekannte Handschrift
nachahmen können, so wäre der Beweis geliefert gewesen. F. hat mehrere Versuche
dieser Art angestellt; er stellte sich eine Person optisch vor oder fixierte ein vor Sch.
verborgenes Schriftstück, und Sch. sollte daraufhin versuchen, die Handschrift richtig
nachzuahmen. Obgleich F. diese Versuche für gelungen hält, sind sie tatsächlich durchweg
zweifelhaft. Entweder war die Ähnlichkeit der originalen und der von Sch. imitierten
Handschrift nicht sicher genug, oder es war, wenn F. ein Schriftstück fixierte,
Augenspiegelung möglich, oder der Schreiber war in früheren Versuchen schon vorgekommen
, Sch. hatte seine Handschrift also schon gesehen, und da er, wenn eine Person
mehrfach zum Objekt des Versuchs gemacht wurde, überrsachend schnell und sicher
im Bilde war — vielleicht weil ein unabsichtlich ansatzweise geflüsterter Name für diesen
Zweck genügte —, so war in solchen Fällen die imitierte Handschrift für ihn keine ganz
unbekannte. — Am einfachsten wäre es gewesen, man hätte Sch. in einen Kreis ganz
fremder Menschen geführt, er hätte die Handschrift einiger willkürlich gewählter Personen
zu treffen versucht, diese hätten sodann eine Probe ihrer wirklichen Handschrift
gegeben und man hätte beide Schriftzüge verglichen. Diese Leistung soH Sch. anderwärts
, wo nicht exakt geprüft wurde, mehrfach vollzogen haben, aber F. hat leider
diesen Versuch nicht angestellt.

Die kryptoskopischen Versuche waren so mangelhaft, daß sie keine Analyse lohnen.
Die berüchtigten „gleichen Kuverts" — für das hyperästhetische Unterbewußtsein gibt
es nichts gleiches — sollten dabei die Unwissentlichkeit garantieren, auf das selbstverständliche
Verfahren, Briefe ertasten zu lassen, die abwesende Personen ausgewählt, undurchsichtig
verschlossen und durch die Post übersandt hatten, ohne mit dem Experimentator
zusammenzutreffen, ist man überhaupt nicht verfallen. Von einem Beweise für
die Existenz des Hellsehens kann hier keine Rede sein.

Die größte Aufmerksamkeit wurde der Frage zugewandt: Wenn man ein und dieselbe
Person zum Gegenstand verschiedenartiger Versuche macht, bald Sch. einen ihrer
Briefe graphologisch studieren läßt, bald das optische Bild der Person telepathisch überträgt
, bald eines ihrer Schriftstücke, offen oder im Kuvert, Sch. zum Betasten ohne Gebrauch
der Augen übergibt, wird er dann jedesmal das gleiche Charakterbild von ihr
entwerfen? Diese Frage wurde durchaus im bejahenden Sinne gelöst. Aber wenn F.
daraus schließt, die in so vielen Formen bestätigte Charakterschilderung müsse deswegen
objektiv richtig sein, so sehe ich nicht, wie dieser Schluß sich logisch rechtfertigen
läßt. Bewiesen ist nur, daß der Gedanke des Experimentators, „auch jetzt haben
wir es mit Herrn N. zu tun, der im Versuche H. eine Rolle gespielt hat", sich leicht
übertrug und Sch. hierbei ein gutes Gedächtnis bewies.

Diese Bedenken beweisen, daß die experimentelle Methodik des übernormalen Erkennens
noch in den Kinderschuhen steckt, man braucht aber ihretwegen den Wert und
die Bedeutung des ungemein reichhaltigen Buches nicht zu leugnen. R. Baerwald.


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